Der Werdegang der Familie Marson

Kapitel 13.13 : Sommerferien, ein kleines Wiedersehen


Bei den Schäfers hatten gerade alle mit dem Nachtisch begonnen, als Frau Schäfer sich mit ernster Miene an Svenja gewandt hatte.

„Svenja mein Kind, wie wir heute Morgen schon angekündigt hatten, hast du heute Nachmittag leider noch einen wichtigen Termin vor dir. Daher möchte ich, dass du gleich, während Charlotte die Küche macht, schon einmal ganz gründlich die Zähne putzt.“

„Was? Wieso die Zähne? Was ist das für ein Termin?“ fragte Svenja leicht besorgt. Denn so eine Aufforderung hätte sie nur erwartet, wenn es zum Zahnarzt gehen würde, aber weder hatte sie Probleme mit den Zähnen, noch machte es Sinn im Ausland während der Ferien zum Zahnarzt zu gehen.

„Nun Svenja, deine Eltern möchten, dass du noch einen Ausrüstungsgegenstand bekommst, für den es hier einen Spezialisten gibt der viel Erfahrung damit hat. Und um es anzupassen zu können, müssen deine Zähne blitz blank sein.“ sagte Frau Schäfer.

„Ähhh was bitte? Was soll das denn bitte sein? Ich möchte nicht das mir einer an den Zähnen herumfummelt. Und wofür soll es denn gut sein?“ meckerte Svenja etwas, ohne wirklich zu wissen um was es sich genau handlen würde.

Frau Schäfer holte tief Luft und hatte dabei ein besorgtes Gesicht. „Nun ja Svenja, ich werde es dir wohl jetzt etwas erklären müssen. …. Zunächst einmal, ist der Spezialist ein ganz gewöhnlicher Zahnarzt, der genau weißt was er tut. Du musst dir also keine Sorgen machen. Zweitens wird der nicht ‚fummeln‘ sondern ein Gerät bei dir anpassen.“

Svenja kam die Sache komisch vor, zumal Frau Schäfer nicht so selbstsicher wirkte wie sonst, wenn sie Svenja unangenehme Maßnahmen aufzwang.

„Was soll das denn für ein Gerät sein? Wenn du schon sagst ich soll keine Angst haben, wo ich doch in der Regel keine Problem mit dem Zahnarzt habe. Dann sollte ich mir wohl doch lieber Sorgen machen.“ sagte Svenja und schaute etwas beleidigt. Zum einen war es ja nicht so, dass sie liebend gerne zum Zahnarzt ging, aber auf der anderen Seite hatte sie auch keine Angst davor. Ihr Zahnarzt zuhause war immer sehr vorsichtig und wenn er mal bohren musste, wurde ihr immer alles erklärt und betäubt.

„Ohh Svenja, nein bitte, so war das doch nicht gemeint. Es gibt halt Kinder die bei dem Wort Zahnarzt schon in Panik geraten. Und ich wollte dich nur nicht beunruhigen.“ versuchte Frau Schäfer die Situation zu retten. Aber sie wusste schon vorher, dass diese Tag für sie nicht einfach werden würde. Sie hatte vor dem Urlaub lange mit Svenjas Eltern darüber gesprochen und der Termin war leider auch nicht anders zu legen gewesen.

„Hmm OK. Aber was ist das denn nun für ein Gerät? Ich hoffe nur es ist keine weitere Gemeinheit.“ sagte Svenja.

„Also Svenja bitte, wir machen doch nichts von alle dem hier um gemein zu euch zu sein. Das haben wir dir doch nun schon oft genug erklärt.“ sagte Frau Schäfer nun wieder mit ihrer gewohnte Überzeugung und Strenge.

„Ja Mama, was ist das denn nun für ein Gerät?“ sagte Svenja wieder leicht eingeschüchtert von Frau Schäfer.

„Nun Svenja, ja … es nennt sich … Sprachregulator. … Und es dient dazu dich in bestimmten Situationen am Sprechen zu hindern.“ sagte Frau Schäfer wieder etwas unsicher, und Svenja konnte erkennen, dass es ihr nicht leicht gefallen war, es Svenja zu sagen. Charlotte wurde auch immer hellhöriger und schaute etwas geschockt zwischen ihrer Mutter und Svenja hin und her.

„Waaaas? Das ist doch wohl total gemein! … und fies!“ schrie Svenja dann dazu.

„Ganz ruhig mein Kind. Ich bin sicher deine Eltern werden es sehr bedacht einsetzen und dich damit nicht ärgern wollen.“ sagte Frau Schäfer.

„Aber … aber ..“ stotterte Svenja, und sie wusste nicht was sie noch dazu sagen sollte. Die Vorstellung, einfach so nach fremden Willen zum Schweigen gebracht zu werden, machte ihr schon etwas Angst. Und wie würde es sich anfühlen, ein Gerät im Mund zu haben, dass dazu in der Lage war? Sicherlich würde es auch hier wieder keine Möglichkeit geben sich dem zu widersetzen.

„Svenja mein Schatz, ich kann es leider nicht ändern. Deine Eltern haben sich dafür entschieden, und wir müssen dich dort gleich hinbringen. Es wird schon nicht so schlimm werden. Ich weiß von vielen Kindern hier die es schon bekommen haben. OK? … Komm, ich bringe dich erst mal ins Bad, dass du dir die Zähne putzen kannst. … Walter, machst du bitte mit Charlotte die Küche?“ sagte Frau Schäfer und stand auf um Svenja von der Bank zu lösen.

„Heißt das, dass du diese Regula-Dingsda für Charlotte nicht benutzen würdest?“ fragte Svenja dann noch, und erhielt so gleich einen Stoß von Charlotte mit dem Ellenbogen.

„Ach Svenja … Solche Überlegungen bringen doch nichts. Ausnahmsweise ist meine Meinung an dieser Stelle nicht relevant für dich.“ sagte Frau Schäfer und zog Svenja sachte von der Bank hoch.

„Aaahaa, also findest du das Teil nicht gut.“ sagte Svenja leicht triumphierend, auch wenn ihr das wohl nichts bringen würde.

„Nun Svenja, ich sage mal so. Charlotte und du, ihr seid schon sehr unterschiedlich, und so halte ich es aktuell für Charlotte nicht für nötig. Und ob es bei dir nötig ist haben deine Eltern entschieden.“ erklärte Frau Schäfer ohne den Kindern direkt zu sagen, dass sie den Sprachregulator für nicht so gut hielt.

Damit war das Thema auch zunächst beendet, und Svenja wurde ins Bad gebracht um sich die Zähne zu putzen. Dieses wurde von Frau Schäfer auch genauesten überwacht und kontrolliert. Währenddessen wurde Charlotte von ihrem Vater an den Schienen in der Küche angebunden um den Tisch abzuräumen und das Geschirr zu spülen. Damit das nicht so lange dauerte, wurde sie dabei von ihrem Vater unterstützt.

Svenja wurde auch nicht so viel Zeit gegeben um noch lange darüber nachzudenken. Direkt nach dem Zähneputzen und einem Toilettenbesuch wurde sie mit einem neuen Windel gewickelt und bekam ein relativ neutrale Jeanslatzhose angezogen; nur die Schnallen deuteten daraufhin, dass sie wie immer in der Latzhose eingeschlossen war. Darüber folgte dann ein Gurtgeschirr aus schwarze Nylonband mit Schrittgurt und einer Disziplinfunktion. Svenja hatte in den letzten Tage so viele verschiedene Geschirre bekommen, dass sie selbst nicht mehr wusste ob es neu für sie war oder ob sie diese schon einmal bekommen hatte. Das spielte eigentlich auch keine Rolle, denn Svenja wusste das sie aus keinem der Geschirre entkommen konnte um dem Termin beim Zahnarzt zu entgehen. Also machte sie auch keinen Ärger, um die Nutzung der Disziplinfunktion nicht über den obligatorischen Funktionstest hinaus zu provozieren. Zusätzlich verfügte dieses Geschirr auch über Klick-Fix Punkte am Bauchgurt, sowohl hinten als auch vorne. Diese wurden dann auch alle von Frau Schäfer getestet, denn sie sagte Svenja, dass die Punkte erst kürzlich von ihr angebracht worden waren.

Als alles getestet und eingestellt war, blieben die Hände von Svenja vorne am Gurt fixiert und sie sollte sich zum Warten auf einem Hocker im Bad setzen. Dann wurde auch Charlotte ins Bad gebracht und für den Ausflug eingekleidet. Sie bekam ein violette Kordlatzhose an und darüber auch ein Disziplingeschirr, aber aus Leder.

„So Kinder, dann können wir ja gleich los. Ich mache mich auch noch schnell fertig. Solang wartet ihr bitte vor der Tür.“ sagte Frau Schäfer und brachte beide zu der Stange vor der Haustür, wo beide sich wieder selbst sichern mussten, nachdem Svenjas Hände vom Gurtgeschirr befreit worden waren. Danach war Frau Schäfer auch sofort wieder im Haus verschwunden.

„Hey Svenja, tut mir echt leid mit diesem Ding, das du da bekommen sollst.“ sagte Charlotte und schaute Svenja traurig an.

„Ja danke. Ich hoffe mal, das es nicht so schlimm wird wie es sich anhört. Aber wenn deine Mutter es nicht so gut findet, dann heißt es entweder, dass es echt richtig fies ist, und meine Eltern mich hassen. Oder deine Mutter hält es für nicht gemein genug, dass es sich lohnen würde.“ sagte Svenja und lächelte dabei etwas selbst bemitleidend.

„Wie meinst du das? Mama ist zwar streng aber nicht gemein.“ sagte Charlotte.

„Ja. … du hast ja recht. Ich meine ja auch nur, das ich halt befürchte, dass deine Mutter das Ding für zu krass hält und meine Eltern einfach keine Ahnung haben was sie da machen. Die sind ja nicht mal hier wenn ich das Scheißding bekomme. … Stell dir vor, du hast was im Mund was das Reden verhindert. … Das ist doch krass. … Ach scheiße!“ sagte Svenja und bekam langsam doch etwas Angst vor dem was kommen würde.

„Du schaffst das schon. Und du kannst bestimmt bald mit deinen Eltern drüber reden. Ich drücke dir die Daumen.“ sagte Charlotte.

„Ja danke. Wenn ich denn dann noch reden darf mit meinem Eltern.“ sagte Svenja niedergeschlagen und lächelte dabei etwas gequält.

Nach kurzer Zeit kamen dann auch Herr und Frau Schäfer wieder aus dem Haus und führten Svenja und Charlotte zum Auto der Schäfers um sie auf den Kindersitzen festzuschnallen.

Während der ca. 30 minütigen Fahrt war Svenja sehr still und dachte über das Verhältnis zu ihren Eltern nach. Es hatte sich zu beginn der Reise schon so angefühlt, dass sie von ihren Eltern im Stich gelassen worden war, und jetzt gab es schon wieder so ein Situation, wo sie glaubte ihre Eltern wollten ihr etwas böses. Svenja war hin und her gerissen mit ihren Gefühlen zu ihren Eltern. Es waren ja immerhin ihre Eltern und ihre Mutter hatte sich auch in den letzten Wochen vor dem Urlaub mehr Zeit für sie genommen. „Das würde man doch nicht machen, wenn man sein Kind hassen würde.“ dachte Svenja, aber das ganze nachdenken brachte Svenja nicht weiter und sie hatte beschlossen erstmal abzuwarten, was es genau mit diesem Sprachregulator auf sich hatte.


Die Reise endete in der gleichen Kleinstadt in der auch der erste Stadtbummel gemacht wurde. Herr Schäfer stellte das Auto auf dem gleichen Parkplatz ab wie beim ersten Besuch. Svenja sollte vor dem Auto ihre Hände wieder am Geschirr fixieren. Aber da Charlotte diese Anweisung nicht bekam und ihr Geschirr dafür auch nicht ausgerüstet war, weigerte Svenja sich. Die ganze Situation nervte sie zunehmend, und sie versuchte Zeit durch bocken zu gewinnen. Sie musste aber schnell erkennen, dass die Disziplinfunktion von ihren Gurtgeschirr ein gutes Argument war um zu gehorchen. Zusätzlich wurde von Frau Schäfer noch angedroht, dass sie ihr die Hände auf dem Rücken fixieren würde, wenn sie die nicht selbst vorne am Gurt machen würde. So hatte Svenja sehr schnell eingesehen, dass es besser war zu gehorchen.

Kurze Zeit später standen Svenja und Charlotte auf dem Gehweg, und wurden von den Schäfers in die Fußgängerzone gelenkt. Auf dem zentralen Platz mit dem Brunnen wurde dann eines der alten Fachwerkhäuser angesteuert. An der Tür befand sich ein Schild aus Metall, wie Svenja es auch von zuhause bei Ärzten kannte. Sie konnte es aber nicht lange genug betrachten um zu entziffern was darauf geschrieben war.

Svenja wurde von Frau Schäfer aufgefordert hineinzugehen, wobei Frau Schäfer Svenja ganz kurz mit der Schlaufe am Gurtgeschirr hielt und sie so leicht lenken konnte. Da Svenja inzwischen schon ein sehr mulmiges Gefühl bei der Sache hatte war sie irgendwie auch froh, dass Frau Schäfer das machte und so dicht bei ihr war. Nach einem kleinen Zwischenflur gelangten sie zur Anmeldung, wo zu dem Zeitpunkt kein anderer Patient am Tresen stand. Während Herr Schäfer und Charlotte sich im Hintergrund hielten wurde Svenja von Frau Schäfer direkt an den Tresen geführt.

Hinter dem Tresen saß eine junge Frau auf einem komischen Stuhl, der nach ein Mischung aus einem Bürostuhl und einem Rennautositz aussah. Die Frau, oder besser das Mädchen, war höchstens 20 Jahre alt und hatte einen weißen Kittel an, wie es Svenja bei einer Zahnarzthelferin auch erwartet hätte. Das wirklich komische war aber, dass sie auch ein Gurtgeschirr trug und augenscheinlich auf dem Stuhl angeschnallt war.

Nachdem das Mädchen noch einen Moment auf den Bildschirm geschaut hatte, hob sie ihren Kopf und sagte, „Hej og velkommen, Svenja“. Dabei blickte sie zuerst sogar Svenja an und dann erst zu Frau Schäfer, was Svenja so in diesem Land noch nicht passiert war.

Svenja war noch zu geschockt von dem was sie sah, und antwortete nicht auf die Begrüßung. Zu mal sie ja auch nur ihren Namen verstanden hatte und kein Wort in dieser Sprache sprechen konnte. Auch wenn sie bei Ole schon etwas gehört hatte.

„God dag, sprechen sie auch Deutsch oder Englisch?“ fragte dann aber Frau Schäfer direkt, die offensichtlich außer eine Begrüßung auch kein Dänisch konnte.

„Ahh Ja Frau .. Marson. Wir haben immer wieder Patienten aus Deutschland, ich habe ihre Sprache in der Schule etwas gelernt. Der Herr Doktor spricht aber nur Englisch.“ antwortete das Mädchen langsam und mit sehr starken Akzent.

„Das ist schon OK. Aber ich bin nicht die Mutter von Svenja, es sollte aber alle Unterlagen vorliegen.“ sagte Frau Schäfer.

Daraufhin wurde das Mädchen etwas nervös und klickte mit der Maus auf dem Computer und las sich einiges durch.

„Ohh … Ja … I‘m sorry Miss Schäfer, … Ähh es tut mir leid. …. Ja es sieht so aus, das wir alle Unterlagen haben. … Svenja bekommt einen … Regulering af anordning .. Ähh .. speeking blocker.“ stammelte das Mädchen dann in drei Sprachen auf einmal. Svenja schloss daraus, dass es sich wohl um ein Auszubildenden handeln musste, was ihr nicht gerade viel Vertrauen in die ganze Angelegenheit gab.

Aber in dem Moment kam noch ein deutlich älteren Kollegin zum Tresen, die nur einen einfachen weißen Kittel trug, und diese bestätigte dann in flüssigem Englisch Frau Schäfer, dass alle Unterlagen Vollmachten vorliegen und auch die von Svenjas Eltern vorgesehen Behandlung richtig sei. Dann sollte Frau Schäfer Svenja in das Wartezimmer bringen. Dort gab es eine Wand mit einer fest eingebauten Holzbank, die über 5 Plätze mit einigen Gurten pro Platz verfügte. An den anderen Wänden waren ca. 10 normale und gepolsterte Stühle verteilt. Alle Plätze auf der Bank waren frei und Svenja wurde von Frau Schäfer auf den mittleren Platz geführt, wo Svenja platz nahm. Was mit den Händen am Gurtgeschirr gar nicht so einfach war.

„Kannst du bitte meine Hände losmachen? Das ist so unbequem.“ fragte Svenja dann.

„Es tut mir leid mein Kind, aber es wurde im Vorfeld extra darum gebeten, dass die Hände gesichert sind. Außerdem ist das hier nur ein einfaches Schnallensystem.“ sagte Frau Schäfer, und begann die Leinen an der Bank mit Svenjas Gurtgeschirr zu verbinden und auch stramm zu ziehen.

„Oh man, glauben die wirklich ich laufe weg, solange du hier bist?“ sagte Svenja sarkastisch.

„Ach Schatz, sehe es einfach als Regel an. Das ist halt so üblich hier. Kinder werden angeschnallt und gut ist.“ sagte Frau Schäfer und streichelte Svenja über den Kopf als sie mit den Gurten fertig war. Dabei wurde Svenja dann an vier Punkten fest auf die Bank gezogen. Zwei Gurte an den Schultern hielten sie aufrecht und zwei an den Hüfte zogen sie nach unten und hinten auf die Bank.

„So, wir holen dich in gut 2 Stunden wieder ab. Sei schön brav und folge alle Anweisungen. OK!“ sagte Frau Schäfer und wollte sich umdrehen um zurück in Richtung Anmeldung zu gehen.

„Heeeyy, halt. Du kannst mich doch nicht einfach alleine lassen.“ rief Svenja entsetzt und mit etwas Panik. „Ich verstehe hier doch kein Wort und ich weiß überhaupt nicht was passiert. Heeyyy!“ rief Svenja weiter und zerrte inzwischen auch in ihren Fesseln.

„Schhh .. Schhh, ganz ruhig Svenja. Es wird dir nichts passieren. Ich bin mir sicher, dass man dir alles erklären wird. Ich kann leider nicht mit in den Behandlungsraum, daher musst du heute ein großes Mädchen sein. OK!“

Svenja war ja groß und selbstständig, aber das war dann doch etwas zu viel und zu schnell für Svenja.

„Ja, aber ich weiß doch nicht mal genau warum ich überhaupt hier bin, und was das für ein fieses Teil ist das da in meine Mund kommen soll.“ beschwerte sich Svenja als Frau Schäfer stehengeblieben war.

„Schatz, ich frage mal ob dir die nette Helferin alles auf Deutsch erklären kann. OK!“

„Was, die ist doch selbst noch in der Ausbildung.“ sagte Svenja abwehrend.

„Aber sie kann gut Deutsch, und sie kann sich bestimmt besser in dich hineinversetzten als der Arzt. Hmm.“ sagte Frau Schäfer und streichelte Svenja leicht an der Wange, nachdem sie zurück zu Svenja gegangen war.

Dann ging sie zur Anmeldung und sprach dort mit jemanden, was Svenja aber nicht genau sehen und verstehen konnte. Kurze Zeit später guckte Frau Schäfer wieder durch die Tür des Wartezimmers.

“OK, Svenja. Ich habe mit ihr gesprochen, sie wird sich etwas Zeit nehmen und dir alles genau erklären. Also sei brav und bis später.“ sagte Frau Schäfer und winkte Svenja noch kurz zu, bevor sie zusammen mit ihrem Mann und Charlotte die Praxis verließ.

Svenja war plötzlich alleine und fühlte sich unsicher. Das Verhalten von Frau Schäfer kam ihr auch etwas komisch vor; in den anderen Tagen hatte sie sich sonst nie so schnell aus einer Konfrontation mit Svenja verabschiedet, und alles immer bis zum letzten diskutiert oder zumindest ein Machtwort gesprochen. Aber jetzt war sie einfach weg, so als ob sie selbst mit der Situation überfordert war.

Svenja zerrte etwas an ihren Fesseln aus Frustration, auch wenn ihr klar war dadurch nichts ausrichten zu können, oder dem Kommenden ausweichen zu können. Es war einfach nur gemein von ihren Eltern sie in diese Situation gebracht zu haben, und ihr vorher nicht zu sagen was auf sie zukommen würde. Sie hatte keine Angst vor Schmerzen bei der Behandlung; es war mehr die Ungewissheit was für eine weitere Einschränkung und Gemeinheit auf sie zukommen würde.

Nach wenigen Minuten hatte Svenja aufgehört zu kämpfen, war frustriert in sich zusammen gesunken und ließ den Kopf hängen, als sie plötzlich ein komisches aber auch irgendwie vertrautes Geräusch hörte das näher kam. Es dauerte nicht lange und Svenja erkannte das Geräusch aus der Küche im Ferienhaus; daraufhin erhob sie ihren Kopf. In der Tür sah sie wie sich das Mädchen von der Anmeldung, angebunden an ein Schienensystem unter der Decke, auf sie zukam und kurz vor ihr stehen blieb.

„Hallo Svenja, deine Pflegemutter hat mir gesagt, dass du noch etwas Aufklärung haben möchtest bevor es los geht. Glücklicherweise dauert es bei dem Patienten der gerade in Behandlung ist etwas länger und ich habe ein paar Minuten Zeit dir etwas zu erklären. Was haben dir denn deine Eltern bisher schon erzählt?“

Svenja schaute das Mädchen an und war immer noch etwas verwundert. Sie hatte immer noch das Gurtgeschirr um ihre Brust an, und war über eine Leine mit der Schiene verbunden. Die Leine war nicht stramm und hing etwas durch, aber viel Spielraum hatte sie damit auch nicht.

Nachdem Svenja ihre Gedanken geordnet hatte, sagte sie: „Meine Eltern haben mir überhaupt nichts erzählt. Ich habe erst vor einer Stunde davon erfahren, dass ich hierher soll, und ich weiß auch nicht genau was dieses ‚Regulator‘ Ding ist.“

„Oh Svenja, das tut mir leid. Das erleben wir bei unsern ausländischen Patienten immer mal wieder. Das könnte aber auch daran liegen, das der Sprachregulator bei euch in Deutschland noch nicht so verbreitet ist. Hier kennen ihn viele Kinder und Jugendliche“ erklärte das Mädchen.

„Hattest du auch schon mal so ein Teil?“ fragte Svenja etwas leise, weil ihr die Frage etwas peinlich war. Aber dann wüsste sie ob sie die Informationen aus erster Hand bekam.

Das Mädchen lächelte und Svenja konnte sehen, das sie ein feste Zahnspange mit Drähten auf den Zähnen hatte. Dann antwortete sie, „Ja, ich habe es auch immer noch. Sogar jetzt gerade. Ich kann es dir gleich zeigen wenn du möchtest. Aber ich würde es gerne vorher erklären.“

Svenja war überrascht und ihre Augen weiteten sich. „Ähhmm, darf ich fragen wie alt du bist und warum du hier gefesselt wirst?“

Das Mädchen lächelte wieder und grinste dabei schon fast etwas. „Ja sicher, ich hätte mich vielleicht besser vorstellen sollen. Meine Name ist Linn und ich bin hier Zahnarzt Assistentin. Ich habe meine Ausbildung vor wenigen Monaten abgeschlossen.“

„Aber warum bist du dann noch gefesselt?“ fiel ihr Svenja ins Wort.

„Nun, wir nennen es nicht ‚gefesselt‘. Ich bin 22 Jahre alt und noch unter der Aufsicht meiner Eltern. Bei euch nennt sich das ‚noch nicht Volljährig‘. Das werde ich voraussichtlich erst mit 25, in drei Jahren. Daher kann ich noch bis dahin ‚gesichert‘ werden.“ das Wort ‚gesichert‘ hatte Linn extra betont.

„Das ist hier ganz normal und alle gehen normal damit um.“ erläuterte Linn dann noch.

„Aber wofür ist das denn notwendig? Wenn du hier arbeitest und deine Ausbildung abgeschlossen hast. Dann kann man dir doch vertrauen und du weißt selbst was du tun musst und was nicht.“ fragte Svenja verwundert, und konnte nicht verstehen warum Linn selbst als Angestellte noch so behandelt wurde.

„Nun ja, Svenja da hast du schon recht. In vielen Berufen werden die Sicherungen bei uns Jugendlichen nach der Ausbildung schnell reduziert. Und auch ist ein Sprachregulator nach der Ausbildung nicht mehr üblich oder notwendig. Ich trage ihr auch nur hier in der Praxis, denn der Herr Doktor macht gerne Präsentationen für andere Patienten oder Eltern. Er hat das natürlich mit meinen Eltern und auch mit mir besprochen. In einem halben Jahr fängt eine neue Auszubildende an, und ich werde es weniger tragen. Es ist aber OK für mich.“ erklärte Linn weiter.

„Aber es ist doch dazu gedacht dich am Sprechen zu hindern, und das gegen deine Willen. Also als Strafe, wenn ich das richtig verstanden habe. Wofür soll es sonst dienen?“ fragte Svenja jetzt mit fester Stimme und leicht aufgebracht.

„Nun ja Svenja, klar ist diese Gerät als Erziehungshilfe eingestuft und es dient den Eltern und auch den Erziehern in der Schule um unangemessenes Verhalten zu reduzieren. Ich habe mein erstes mit 15 Jahren bekommen. Ich habe schnell gelernt was von mir verlangt wurde und des wurde dann immer weniger benutzt. Hier während meine Ausbildung war es nur zum Zeigen da und nur in der Berufsschule musste ich es regulär tragen. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern ob ein Lehrer es mal aktiviert hatte bei mir. Ansonsten habe meine Eltern es aus dem Mund entfernt.“

„Man kann es also herausnehmen?“ fragt Svenja aufgeregt.

„Zum Teil ja. Du bekommst eine feste Zahlspange eingesetzt, die auch ganz normal zur Behandlung von Zahlfehlstellung verwendet wird. Oben und Unten natürlich. Du bekommst also zusätzlich gerade und schöne Zähne.“ sagte Linn und lächelte dabei.

Danach holte sie ein kleines Gerät aus der Kitteltasche. Es war nur halb so groß wie die Hand von Linn. „Das ist solch ein Sprachregulator, wie ich ihn um Mund habe. Er wird an der oberen Zahlspange eingerastet und liegt dort dicht an deinem Gaumen an. Schau so!“ sagte Linn und ging in die Hocke soweit bis das Seil zwischen ihrem Gurtgeschirr und der Schiene gespannt war. Dann öffnete sie den Mund und ließ Svenja hineinsehen.

Svenja konnte das kleine Gerät unter dem Gaumen von Linn erkennen. Die Zähnen waren alle mit einem Gewirr aus Drähten und auch kleinen Metallplatten umgeben. Nach 30 Sekunden stand sie wieder auf.

„Vielen Dank, das du es mir gezeigt hast. Aber wie fühlt es sich an, besonders wenn es verriegelt wird?“ fragt Svenja dann.

„Also von den Spangen selbst spürst du nach ein paar Tagen nichts mehr. Das kleine Gerät ist immer spürbar wenn es eingesetzt ist, aber auch daran wirst du dich schnell gewöhnen. Im Falle einer Aktivierung wird es zuerst etwas ungewohnt. Aber nicht wirklich schlimm. … Deine Zunge wird mit einem schwachen Stromstoß dazu gebracht sich nach hinten zu ziehen; das verhindert, dass du dir dabei auf die Zunge beißen kannst. Dadurch zieht sich auch dein Kiefer zu; dass ist ein natürlicher Reflex den du nicht verhindern kannst. Dabei rastet das System denn ein. Damit kannst du dann deinen Mund nicht mehr öffnen. 3 Sekunden später wird deine Zunge leicht nach unten gedrückt. Dieser Teil ist für die Meisten zuerst etwas unangenehm.“

„Das hört sich ja nach brutaler Folter an. Erst Stromschläge und dann eingequetschte Zunge. Das tut doch alles höllisch weh?“ schilderte Svenja ihre Ängste.

„Nein überhaupt nicht, du bekommst doch keinen Stromschlag. Es ist eine leichte Stimulation die durch den Strom ausgelöst wird, die spürst du kaum. Du merkst nur, das dir die entsprechenden Munkeln nicht mehr gehorchen. Und die Zunge wird auch nicht gequetscht, der Doktor stellt das ganz genau ein. Schau, hier dies Teil klappt aus und hält deine Zunge nach unten, was das Sprechen noch effektiver unterdrückt. Und so leid es mir tut, aber das ist die Aufgabe von diesen Gerät. Aber glaub mir, es hat bisher allen geholfen sich besser zu benehmen, auch bei mir.“ sagte Linn und zeigte Svenja dabei wie sich ein Stempel aus den Gerät ausklappte der es dabei deutlich dicker werden ließ.

Svenja war etwas erschrocken und zuckte zusammen als es sich entfaltete.

„Hab keine Angst, in deinem Mund wird es nicht so springen, da liegt die Zunge schon dagegen und wird dann sachte niedergedrückt. Ich kann es dir zum Schluss gerne noch demonstrieren, aber ich muss auch langsam wieder zum Herr Doktor.“ sagte Linn, steckte das Gerät wieder in ihre Tasche und holte aus der anderen Tasche eine kleine Fernbedienung wie sie Svenja vom einem Auto kannte. Dann hielt Linn die Fernbedienung so neben ihren Mund, dass Svenja den Mund und die Fernbedienung zeitgleich sehen konnte.

„So, achte genau wann ich den Knopf drücke, damit du siehst wa …… ssmmmm hmmm“

In dem Moment als Linn den Knopf gedrückt hatte verstummte sie, und es war ein komisches knacken aus ihrem Mund zu hören. Aber sie hatte weder gezuckt noch das Gesicht verzogen. Im Gegenteil, Linn lächelte kurze Zeit später, und zeigte Svenja dass ihre Kiefer aufeinander lagen.

Weniger als eine halbe Minute später drückte Linn schon einen andren Knopf auf der Fernbedienung, und ein anderes Knacken war aus ihren Mund zu hören. Sie konnte ihre Mund sofort wieder öffnen.

„Siehst du, man spürt es fast gar nicht. Nur dass man halt nicht mehr sprechen kann.“ sagte Linn, und steckte die Fernbedienung wieder in die Tasche.

„Ich muss jetzt den Behandlungsraum für dich vorbereiten. … Und eine Sache noch, es ist hier gesetzlich vorgeschrieben, dass minderjährige auf dem Behandlungsstuhl angeschnallt werden. Das gilt auch für mich nach wie vor, und der Herr Doktor macht bei allen seinen Angestellten jeden Monat eine Vorsorgeuntersuchung. Also bitte sei nicht verwundert, das wir dich anschnallen müssen, damit du keine unvorhergesehen Bewegungen machen kannst. Bis gleich - ich werde den Herr Doktor assistieren bei dir.“ sagte Linn und ging aus dem Wartezimmer. Dabei konnte Svenja wieder deutlich das Rollen der Leine in der Schiene hören.

Auf der einen Seite war Svenja froh, dass ihr jetzt doch so viel über diesem doofen Teil erklärt worden war, und sie endlich wusste was auf sie zukam. Aber auf der anderen Seite war dass, was sie gehört und gesehen hatte, auch weiterhin beängstigend. Ihre Gedanke begann sich wieder zu überschlagen: Wie oft würde sie dieses Teil eingesetzt bekommen, und vor allem, wer würde es bei ihr aktivieren? Sie wusste, dass sie in der Schule oftmals sich mit eine Nachbarin unterhielt und den Unterricht damit störte. Da konnte sie sich vorstellen, wenn einer der Lehrer es einsetzten würde, auch wenn es keine schöne Vorstellung war. Aber durften die Lehrer das in der Schule und hatten sie die Fernbedienung? Dann kam ihr ein weitere Gedanke, würde es eingesetzt werden wenn sie Widerworte geben würde bei ihren Eltern, nur weil sie andere Meinung war? Es war einfach nur beängstigend und verwirrend, was damit alles möglich sein würde.

Während Svenja noch grübelte, hörte sie wieder das Rollen der Schiene und sie schaute zur Tür. Dort erwartete sie, dass sie von Linn abgeholt werden würde. Aber sie sah wie die ältere Assistentin hereinkam und eine Leine in der Hand hatte die sie an der Schiene hinter sich her zog. Damit kam sie natürlich auf Svenja zu und sagte auf Englisch zu ihr: „OK, you are the next one.“

Zuerst lockerte sie die oberen Riemen so weit, dass Svenja sich etwas vorbeugen konnte. So wurde dann die Leine von der Assistentin bei Svenja im Rücken an ihren Gurtgeschirr befestigt. Danach wurden dann alle Gurte von der Bank gelöst.

„OK, please stand up, Svenja“ wurde ihr wieder auf Englisch gesagt. Svenja versuchte dem zu folgen, was aber mit den Händen am Hüftgurt des Geschirrs gar nicht so einfach war. Beim zweiten Versuch wurde sie plötzlich von ihren Geschirr dabei unterstützt und schon fast hochgehoben. Die Assistentin hatte am anderen Ende der Leine gezogen, das über den Rollensatz in der Schiene wieder nach unten hing. Dadurch wirkte es wie ein Flaschenzug und Svenja antwortete höflich „Thank you.“

Aber das bereute sie schon fast wieder, denn sie merkte dass die Leine jetzt wo sie aufrecht stand sehr stramm war und auch nicht wieder nachließ, nachdem die Assistentin das Zugende losgelassen hatte. Dadurch zog das Gurtgeschirr sie weiter unangenehm nach oben. Da es sich um ein Disziplingeschirr handelte, nervte der Schrittgut sofort. Aber dass schien die Assistentin nicht zu stören, oder sogar zu beabsichtigen, denn sie griff Svenjas Oberarm ziemlich fest und sagte dann nur „Go“.

Dabei führte sie Svenja aus dem Wartezimmer am Empfang vorbei in ein Behandlungszimmer, in dem Linn auf der linke Seite des Behandlungsstuhls stand, und immer noch an der Schiene befestigt war, obwohl ihre Leine nach wie vor sehr locker war. Als die Assistentin Svenja direkt zur rechten Seite des Behandlungsstuhls geführt hatte ließ sie ihren Arm los. In den Rollen über ihr klackte etwas und Svenja verstand, dass die Rollen offensichtlich arretiert wurde.

„OK Svenja, bitte setz dich auf die Liege.“ wurde sie dann von Linn angewiesen.

Der Behandlungsstuhl war in der Tat schon fast wie eine Liege eingestellt. Nachdem sich ihre Leine von der Schiene verlängert hatte, konnte sie sich erst mit dem Po auf die Liege setzen, und dann ihre Beine hochlegen. Dabei rutschte sie auch etwas nach hinten und ihr Oberkörper lag sogleich in einer 45 Grad Neigung. Glücklicherweise war die Leine schnell so locker geworden, dass auch das Geschirr nicht mehr so zwischen den Beinen zog. Also entspannte sich Svenja wieder etwas. Die ältere Assistentin begann dann auch sofort die Beine von Svenja auf dem Stuhl zu sichern. Dazu legte sie ihre Fußgelenke in dafür vorgesehen Mulden und schnallte sie mit breiten Lederriemen fest. Die Riemen wurden wirklich sehr fest gezogen, aber da alles gut gepolstert war und auch ergonomisch gut passte war es nicht zu unangenehm.

Als Nächste wurden dann von Linn auf der linken Seite und der anderen Assistenten auf der rechten Seite Gurte an Svenjas Gurtgeschirr eingehakt. Danach musste sich Svenja noch einmal nach vorne beugen, was wieder durch die angebunden Hände und die Neigung des Stuhles erschwert wurde.

„Können wir die nicht jetzt los machen?“ fragte Svenja dann bei Linn nach, und meinte damit ihre Handfesseln.

„Ohh nein Svenja, das habe ich dir doch erklärt, es ist wichtig, dass du keine unüberlegten Bewegungen machst. Das gilt auch für deine Hände.“

Dann wurde ihr etwas beim Vorbeugen geholfen, und die Leine im Rücken von Geschirr abgenommen. Danach wurden noch Gurte an den Schultergurten des Geschirrs angebracht und alle 4 Gurte strammgezogen, so dass Svenjas Oberkörper fest auf die Behandlungsliege gezogen wurde. Jetzt konnte sich Svenja im Grunde nicht mehr bewegen. Allenfalls etwas mit dem Beinen wackeln und mit ihren Händen winken. Aber auch dass sollte noch unterbunden werden. Dazu wurde dann zuerst ein ca. 40cm breites Band aus Kunstleder über ihre Waden zwischen den Knien und den Füßen gelegt und strammgezogen. Das Gleiche wurde auch über ihre Hüfte gelegt. Dazu musste sie ihre Hände flach auf den Bauch legen, die mit diesem Band dann fest an ihren Körper gedrückt wurden. Die Ausweisringe darunter blieben nach wie vor mit dem Hüftgurt verbunden. Danach konnte sie wirklich nur noch mit den Füßen und dem Kopf wackeln.

Die Füßen waren wohl wirklich kein Problem, aber Svenja konnte sich an dieser Stelle denken, dass ihr Kopf nicht so „Frei“ bleiben würde. Es tat nirgendwo weh oder drückte unangenehm, aber es war schon ein komisches Gefühl so stark an jeglicher Bewegung gehindert zu werden. Svenja hoffte dass es schnell vorbei gehen würde.

Zunächst wurde, wie erwartet, ihre Kopf in einer Art Schale angeschnallt. Den Kiefer konnte sie noch bewegen und den Mund öffnen und schließen. Aber genau das sollte ihr ja bei diese Behandlung genommen werden. Es erinnerte Svenja sehr an die Untersuchung im Kinderkrankenhaus vor einigen Monaten. Dort konnte sie sich auf dem Gestell zwar noch etwas mehr bewegen als hier, aber ihr Kiefer wurde dort auch blockiert, was sie sehr unangenehm in Erinnerung hat.


Als alles angeschnallt war verließ die ältere Assistentin den Behandlungsraum, weil Linn immer noch links neben Svenja stand. Diese legte dann eine Hand auf ihre Schulter. „Habe keine Sorgen; ich werde auch einmal im Monat so angeschnallt, es ist OK. Der Doktor kommt sofort und wir fangen an.“ sagte Linn beruhigend zu Svenja.

„Ja, es ist für mich nur sehr ungewohnt; normalerweise sitze ich auch ohne die Fesseln still auf dem Stuhl.“ gab Svenja zu Antwort.

„Das mag ja sein, und ich glaube dir das auch gerne. Aber hier ist es nun mal anders. .. Und noch eine Sache, bitte sprich nur wenn du etwas gefragt wirst. Wenn du die Frage nicht verstanden hast, dann guckst du zu mir und ich übersetze es dir. OK?“ sagte Linn.

„Ja gut, mache ich.“ sagte Svenja leicht eingeschüchtert.

Dann hörte Svenja die Tür hinter sich, und wie sich jemand die Hände wusch. Danach tauchte ein Mann neben ihr auf der rechten Seite auf, der ihr in die Augen blickte.

„Hi Svenja, I see you are ready for your speech blocker device. Let's get started.“ sagte der Mann auf Englisch, was sie auch gut verstanden hatte. Es musste sich offensichtlich um den Arzt handeln.

Im ersten Schritt wurden bei Svenja Abdrücke der oberen und unteren Zahnreihen erstellt, was an sich nicht so schlimm war. Die Abdrücke wurden dann sofort von der älteren Assistentin mitgenommen, die nur dafür wieder in den Raum gekommen war.

Danach wurde zuerst eine gründliche Untersuchung gemacht. Linn versuchte Svenja immer zu sagen was gerade gemacht wurde, ohne es weiter auszuführen und zu viel dabei zu reden.

Nach der Untersuchung wurden erst Brackets auf ihre Zähne geklebt und Drähte daran befestigt. Das dauerte über eine Stunde und Svenja tat der Mund inzwischen weh vom ewigen Aufhalten. Aber sie wollte nicht riskieren, dass sie eine mechanische Sperre eingesetzt bekam so wie im Kinderkrankenhaus, was noch weitaus unangenehmer werden würde, also beklagte sie sich nicht.

Dann kam plötzlich die ältere Assistenten wieder in den Raum, und legte für den Arzt drei Teile auf das kleine Tablett wo auch die Instrumente lagen. Zwei der Teile konnte Svenja als Zahnspangen erkennen, die offensichtlich gerade nach den Abdrücken angefertigt worden waren. Sie sahen recht ähnlich aus wie die Zahnspangen ihren Freundinnen die für die Nacht hatten. Aber diese hatte andere Haken. Das dritte Teil hatte Svenja vor ungefähr einer Stunden schon gesehen, und es machte ihr jetzt noch mehr Angst, denn diese Sprachregulator war nun jetzt wirklich für sie bestimmt.

Als der Doktor dann die beide Spangen begutachtete, konnte Svenja eine kleine Pause genießen. Sie war froh ihre Mund geschlossen halten zu dürfen, und sich etwas zu erholen. Aber nach wenigen Minuten ging es schon weiter, und die beide Spangen wurden eingesetzt und mit den zuvor vorbereiteten Drähten verbunden. Als die Spangen befestigt waren, war Svenja jetzt schon insgesamt gefühlt 2 Stunden an den Stuhl gefesselt, als der Doktor dann nach dem Sprachregulator griff und damit auf Svenjas Mund zusteuerte. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie wusste selbst nicht wieso, denn ihr war ja im Grunde schon seit einigen Stunden klar war auf sie zukommen sollte, aber plötzlich wurde es wahr. Sie musste sich selbst zwingen den Mund offen zu halten, denn ihr war klar dass Protest jetzt nichts mehr ändern würde, sondern es unter Umständen nur schlimmer machen würde.

Der Doktor hatte das Gerät auf eine Art Stange gesteckt und es dann tief in ihren Mund geschoben. Dort wurde es dann oben, unter ihrem Gaumen, an der Spange eingerastet, was mit einem eindeutigen Klicken zu spüren war. Dann konnte der Doktor die Stange wieder herausnehmen. Als nächstes würden die Einstellarbeiten an der Zungensperre stattfinden. Dazu wurde Svenja erklärt, dass der Kleber noch bis zum nächsten Morgen aushärten musste und vorher die Kiefersperre nicht belastet werden durfte. Also wurde ihr ein Riemen unter das Kinn gelegt und der Unterkiefer nach oben gezogen, sodass ein Öffnen des Mundes nicht mehr möglich war. Dann wurde das erste Mal mit eine Fernbedienung das Gerät aktiviert. Svenja konnte von einem Stromschlag nichts spüren, aber dieser wurde vielleicht ja auch gar nicht ausgelöst, weil ihre Mund ja schon geschlossen gehalten wurde. Fragen konnte und durfte sie auch nicht, also blieb sie im Unklaren darüber.

Das Ausklappen der Zungensperre war allerdings deutlich zu spüren. Beim ersten Versuch wurde die Zunge nur leicht nach unten gedrückt, aber Svenja spürte sofort wie es funktionierte. Es war nicht schmerzhaft. Sie hatte noch die Möglichkeit mit der Kraft der Zunge dagegen zu arbeiten. Die Psychologische Wirkung war aber noch viel größer. Auch wenn ihr Mund von außen zugehalten wurde, so war ihr sofort klar wie mächtig das Teil sein würde. Ihre Augen wurden jetzt schon leicht feucht aber sie kämpfte dagegen an.

In zwei weiteren Schritten wurde allerdings die Kraft der Niederhaltung noch erhöht. Dazu wurde ihre Mund wieder geöffnet und der Doktor stellte mit ein Werkzeug etwas ein. Als er zufrieden war, konnte Svenja nicht mehr mit der Kraft ihre Zunge dagegen halten, und ihre Zunge wurde unerbittlich nach unten gedrückt. Es tat immer noch nicht weh, es war allerdings sehr unangenehm. Und die Tatsache was damit bezweckt werden sollte, ließ dann doch bei Svenja die ersten Tränen über das Gesicht rollen.

Linn nahm sofort ein Tuch und wisch damit die Tränen weg.

„Ist schon gut Svenja, das kann schon mal passieren. Ich weiß das einige überwältigt werden, wenn sie es das erste Mal spüren. Aber es ist nicht der Untergang der Welt. Und du kannst durch gutes Benehmen auch oft verhindern, dass es passiert. Glaub mir, ich weiß wovon ich spreche.“

Svenja musste noch fast 5 Minuten so aushalten bis der Arzt noch einige Notizen gemacht hatte. Dann wurde das Gerät wieder deaktiviert und der Riemen abgenommen. So konnte Svenja den Mund wieder öffnen.

„Darf ich jetzt was sagen?“ fragte Svenja und sah Linn dabei flehend und immer noch mit feuchten Augen an.

„Nein, eigentlich nicht. Der Kleber ist noch nicht ausgehärtet, und wir werden dir den Mund gleich wieder verschließen müssen. Und er muss bis morgen früh fixiert bleiben. Wir machen jetzt nur vorher deinen Kopf los.“ sagte Linn zu Svenja.

„Aber es ist so gemein. Es fühlt ..“ sagte Svenja und wurde dann harsch vom Doktor unterbrochen.

„Stop now.“

Da Svenja vor weiteren Maßnahmen Angst hatte, blieb sie ruhig und ihr rollte eine weitere Träne über die Wange. Dann wurde ihren Kopf aus der Schale befreit und der Stuhl etwas aufrechter eingestellt. Danach begann Linn, ihr ein Geschirr aus Leder um den Kopf zu befestigen, das die Aufgabe übernehmen sollte ihren Mund geschlossen zu halten. Dann wurde zuerst ihr Oberkörper vom Stuhl befreit und die Leine wieder im Rücken eingehakt. Dazu kehrte die ältere Assistenten zurück, und der Doktor verabschiedete sich. Nach wenigen Augenblicken konnte Svenja wieder aufstehen und die Leine wurde wieder strammgezogen. Das dumme Geschirr um ihren Kopf war zwar lästig, aber sie würde es schon bis zum nächsten Morgen so aushalten. Auch wenn dass offensichtlich bedeutete, dass sie kein Abendessen bekommen würde.

Aber als die ältere Assistentin schon wieder Svenjas Arm in der Hand hatte, griff sie mit der anderen nach der Fernbedienung auf dem Tablett, was Svenja sehen konnte. Dann drückte sie zu Svenjas entsetzen eine Knopf darauf und Svenja spürte wie ihre Zunge augenblicklich wieder niedergedrückt wurde.

„Hmmmm .. Hmmmm“ versuchte Svenja sich verzweifelt zu bescheren. Dabei schüttelt sie auch mit ihren Kopf und zerrte an ihren Handgelenken, die noch immer am Gurtgeschirr gesichert waren.

„Stop, you stupid girl!“ wurde sie dann von der älteren Assistentin angeschnauzt.

Daraufhin stoppte Svenja ihr Gezappel und schaute flehend zu Linn.

„Svenja, ich habe es dir doch alles erklärt, es muss erst der Kleber aushärten. Solange muss es leider aktiv bleiben. Es ist aber auch ein gute Gelegenheit um sich daran zu gewöhnen; bitte mach kein Theater davon. Umso gelassener du damit umgehst, umso einfacher ist es für dich. Ich wünsch dir alles Gute“ sagte Linn und winke Svenja zu; sie konnte ihre Position offensichtlich nicht selbst verlassen.

Dann spürte Svenja ein leichten Ruck an ihren Arm, und sie musste der älteren Assistenten wieder folgen. Sie wurde zurück in das Wartezimmer geführt, und ihr war zum Heulen zu mute. Nicht sprechen zu können war schlimm, und sie hätte so gerne über ihre Gefühle gesprochen. Das war alles so gemein. Das Niederdrücken der Zunge war nicht schmerzhaft, aber es war so präsent und machte die Situation so deutlich. Nicht sprechen zu dürfen bedeutete auch kein Möglichkeit zu haben darüber zu diskutieren oder zumindest die Gefühlen kund tun zu können.

Wieder angekommen im Wartezimmer wurde Svenja auf der Bank angebunden, oder wie es hier genannt wurde „gesichert“.

Das Wartezimmer war ansonsten leer, und die Schäfers waren offensichtlich nicht rechtzeitig um Svenja abzuholen. Als Svenja allein war zerrte sie wieder etwas an ihren Fesseln; sie hätte sich zu gerne das dumme Geschirr vom Kopf gerissen. Aber alles war sicher und dass ihre Hände so lange angeschnallt waren nervte auch immer mehr. Wenn sie jetzt ihre Eltern sehen würde, dann würde sie sie solang anschreien bis ihr die Luft ausgehen würde. War das wirklich alles nötig um sie wieder auf den „richtigen“ Weg zu bringen? Sie hatte doch inzwischen verstanden, dass sie etwas ändern musste, aber das war doch wirklich alles zu viel.


Svenja sackte nach einigen Minuten wieder zusammen, und versuchte das ständige Niederdrücken ihrer Zunge zu ignorieren, was aber kaum möglich war. Sie hörte Stimmen an der Anmeldung, machte sich aber wenig Gedanken darüber, weil sie eindeutig nicht zu den Schäfers gehörten, die sie hier abholen sollten. Eine Erlösung wäre ja selbst dann nicht in Aussicht.

Nachdem die Stimmen an der Anmeldung verstummten, betraten eine Frau und ein Junge das Wartezimmer. Svenja war mit Selbstmitleid beschäftigt, und wollte dem eigentlich keine Aufmerksamkeit schenken und ließ den Kopf hängen. Dennoch konnte nicht umhin den Jungen etwas mit einem Auge zu beobachten. Auch er hatte eine Latzhose an, und trug darüber ein stabiles Gurtgeschirr, das dem von Ole sehr ähnlich war, obwohl der Junge viel jünger sein musste, weil er viel kleiner war. Trotzdem waren auch seine Hände, genau so wie bei Svenja selbst, mit den Ausweisringe am Gurtgeschirr befestigt. Sollte er die gleiche Behandlung wie Svenja bekommen, auch wenn er jünger als Svenja war?

Erst als Svenja diese Frage durch den Kopf ging betrachtete sie sein Gesicht, und dann viel es ihr erst auf.

„Svenja .. Svenja .. bist du das?“ rief der Junge, und wollte auf Svenja zu laufen. Er wurde aber von seinem Gurt gestoppt, weil die Frau die Leine des Gurtes in der Hand hielt.

„Jens Stopp, was ist den mit dir los? Du bist doch sonst nicht so impulsiv.“ sagte die Frau, und zog heftig an der Leine um Jens zu stoppen. Dabei schien auch diese Frau überrascht von Svenja zu sein.

Jetzt war auch Svenja endgültig klar, das es ihr Bruder war, und sie erinnerte sich an die Mutter von Philipp, die seine Leine hielt und ihn so hart stoppte.

„Bitte Frau Sölling, das ist meine Schwester, ich möchte sie umarmen bitte.“ flehte Jens seine Aufpasserin an.

„Hmmmm hmmmm“ versuchte Svenja ihm zu antworten, was aber unmöglich war.

Frau Sölling guckte entsetzt und wusste nicht wie sie reagieren sollte.

„Jens das geht nicht. …. Ihr hättet euch hier nie sehen sollen.“ sagte sie sehr unüberlegt.

Sie erinnerte sich offensichtlich auch an Svenja - sie hatten sich bisher nur einmal auf Jens seinem Geburtstag gesehen.

Dann gab sie Jens etwas mehr Leine und ließ ihn zu seine Schwester gehen. Er versuchte sie zu umarmen, was aber mit den gefesselten Händen nicht möglich war, so kniete er sich auf die Bank und drückte sich an seine Schwester so gut es ging.

Svenja konnte noch weniger machen, außer mit ihren Händen ihn etwas streicheln. Auch sie hätte ihn in diesem Moment so gerne umarmt.

„Hmmmm Hmmmm“ versuchte sie erneut mit ihm zu reden, und wurde sofort wieder an ihre Lage erinnert.

Jens ging ein Stück zurück und schaute seine Schwester an.

„Hast du auch heute so ein Sprechverbotsteil bekommen?“ fragte er dann überrascht.

„hmmmm“ versuchte es Svenja erneut nickte dann aber heftig.

„OK, ich soll das auch bekommen gleich, war es schlimm und tut es weh?“ fragte Jens dann ganz unschuldig, aber er war offensichtlich besser informiert als Svenja vor weniger als 3 Stunden, als sie hierher gekommen war.

„Mmmmmm“ versuchte Svenja es abermals und schüttete dann aber den Kopf; sie wollte ihre Bruder nicht unnötig beunruhigen. Vielleicht konnte er ja auch mit den Gefühlen dabei besser umgehen. Das Gerät an sich tat ja nicht weh.

„Siehst du Jens, es ist nicht schlimm, ich muss dich aber jetzt hier sichern. Setz dich bitte auf die Bank.“ wurde Jens von Frau Sölling aufgefordert.

Jens gehorchte dann, und setzte sich direkt neben seine Schwester und ließ sich von Frau Sölling anschnallen.

„Wir kommen wieder wenn du fertig bist. Ok!“ sagte Frau Sölling und ließ die Beiden alleine.


„Bist du schon die ganzen Ferien hier? Ich dachte du wärst in einem Ferienlager? Oder ist das hier?“ überschüttete Jens seine Schwester mit Fragen.

Svenja drehte ihren Kopf und schaute Jens traurig an. „Hmmmm“ sagte sie, um noch mal deutlich zu machen, das sie wirklich nicht sprechen konnte.

„Oh ja entschuldige. Ich sollte nur Ja Nein Fragen stellen, was?“ fragte Jens dann woraufhin Svenja heftig nickte.

„OK, tut es wirklich nicht weh, dieses Teil?“ fragte Jens dann, und Svenja schüttelte mit dem Kopf.

„Gut. Bist du in einem Ferienlager hier?“ fragte Jens, was von Svenja verneint wurde.

„Aber sind den Mama und Papa hier?“ folgte die nächste Frage, die auch verneint wurde.

Jens hätte gerne mehr erfahren, aber nur mit Ja und Nein Fragen konnte er nicht herrausfinden was er wissen wollte.

„Ich soll auch so ein Ding bekommen, und Philipp bekommt seines morgen. Das ist echt doof, wenn man nicht reden kann. Du musst mir alles erzählen wenn wir wieder zuhause sind, und du wieder reden darfst.“ erzählte Jens dann, ohne weitere Fragen zu stellen.

Nach einer kurzen Pause fragte er dann noch noch. „Darfst du wegen der Behandlung nicht reden, oder weil du bestraft wirst?“

Svenja konnte die entweder-oder Frage natürlich nicht beantworten, schüttelte dann aber mit den Kopf.

„Ohh, also wirst du nicht bestraft und kann ich auch nicht sprechen nachher?“ auf diese Frage nickte Svenja dann heftig mit dem Kopf.

„Ohh, es freut mich dass du nicht bestraft wirst, aber es ist natürlich doof, das es mir wohl dann genauso gehen wird.“ stellte Jens fest.

Dann war Jens einen Moment still und dachte nach, während aus dem Raum mit der Anmeldung wieder Stimmen zu hören waren. Kurze Zeit später erschien Frau Schäfer in der Tür, und schaute Svenja zunächst an um zu sehen wie es ihr ging. Svenja erwiderte den Blick und schaute traurig aber stumm zurück.

„Hallo mein Schatz, du bist ja schneller fertig als wir erwartet hatten.Ist alles OK, bei dir, geht es dir gut?“ fragte Frau Schäfer und näherte sich Svenja. Woraufhin Jens etwas verirrt Frau Schäfer anguckte, die seine Schwester mit einem Kosenamen angesprochen hatte den er nur von seiner Mutter kannte. Jens hatte Frau Schäfer nur sehr kurz im Geschäft für Erziehungskleidung getroffen, und konnte sich nicht an sie erinnern.

„Svenja, wer ist das?“ fragte Jens dann seine Schwester, ohne daran zu denken, dass sie diese Frage nicht beantworten konnte.

Daraufhin schaute Frau Schäfer dann zu Jens und sagte mit erstauntem Gesicht „Jeennns?“

Als nächste zog sie ihre Handy aus der Tasche und wischte kurz darauf herum.

„Mist, dass sollte nicht passieren.“ sagte sie dann, mehr zu sich selbst. Sie hatte die Identität von Jens offensichtlich auf ihren Telefon geprüft.

„Ämmm Jens, schön dich hier zu sehen, du hast deine Schwester schon getroffen ja?“ sagte sie etwas irritiert von der Situation.

„Ja das habe ich. Wer sind Sie denn?“ fragte Jens, etwas überrascht dass diese Frau ihn kannte, aber er sie nicht.

„Ohh, ich bin Frau Schäfer, deine Schwester ist zu Besuch bei uns. Wir haben uns mal kurz beim Einkaufen getroffen, weißt du noch?“ sagte Frau Schäfer.

„Ähhm nein, ich kann mich nicht erinnern.“ antwortete Jens.

„Ohh das ist nicht schlimm, wir werden uns sicher wieder sehen.“ sagte Frau Schäfer, und ging dann weiter auf Svenja zu um sie von der Bank zu lösen.

„Aber ich dachte Svenja ist in einem Feriencamp, ist das Camp hier in der Nähe?“ fragte Jens.

„Ohh ja so ähnlich. Also ein richtiges Feriencamp ist das nicht. Deine Schwester kann es dir erklären wenn ihr euch wieder seht. OK.“ antwortete Frau Schäfer und hakte dann bei Svenja die Führungsleine im Rücken ein.

„Aber vielleicht können wir uns hier mal treffen, ich bin noch zwei Wochen hier bei meinem Freund.“ sagte Jens, und wollte unbedingt mehr darüber erfahren, warum seine Schwester auch hier war.

„Nun Jens, ich denke das geht nicht, ihr werdet euch bei euren Eltern wieder sehen.“ antwortete Frau Schäfer, und ließ Svenja von der Bank aufstehen.

„Hmm schade. … mach es gut Svenja. Wir sehen uns.“ sagte Jens.

„Mmmmm“ machte Svenja und versuchte mit ihren Händen so gut es ging zu winken.

„Tschüss Jens, bis zum nächsten Mal.“ sagte dann Frau Schäfer, und führte Svenja aus dem Wartezimmer.

Am Empfang bedankte sich Frau Schäfer noch mal und verließ mit Svenja die Praxis.


Draußen stand Herr Schäfer mit Charlotte an der Leine.

„Hi Svenja, wie geht es dir? Alles OK?“ fragte Charlotte als sie Svenja sah.

„Hmmm“ machte Svenja nur, zuckte mit den Schultern und schaute dann zu Boden.

„Charlotte, wir haben dir doch erklärt dass Svenja heute Nachmittag nicht sprechen darf wegen der Behandlung. Du sollst sie nicht ärgern, hast du verstanden?“ sagte ihr Vater und zog dann an der Leine ihres Disziplingeschirrs.

„Auu Papa, ich wollte doch nur höflich sein. Bitte nicht.“ beschwerte sich Charlotte sogleich.

Aber ihr Vater hatte es anders verstanden und hielt den Zug noch einen Moment aufrecht, was bei Charlotte zu ein leichten Stöhnen und Zappeln führte.

Dann gingen alle gemeinsam zurück zum Auto der Schäfers, während auch Charlotte sehr still war.

„Svenja, kann ich mich darauf verlassen, dass du mit den Händen nicht an deinen Kopf gehst wenn ich dir jetzt die Hände löse?“ fragte Frau Schäfer Svenja, als sie am Auto angekommen waren, und Charlotte schon von ihrem Vater in ihrem Sitz gesetzt wurde. Das war bei Svenja mit den abgebunden Händen kaum möglich.

Svenja nickte zustimmend - was blieb ihr auch anderes übrig?

Dann gab Frau Schäfer die Hände von Svenja frei, und sie musste sich sehr stark zusammenreißen um sich nicht sofort das Ledergeschirr vom Kopf zu reißen. Was natürlich riesigen Ärger nach sich ziehen würde. Als Svenja dann an ihren Sitz angeschnallt wurde war sie sogar froh, dass auch ihre Hände an die Armlehnen angeschnallt wurden. So musste sie nicht weiter dem Drang widerstehen. Das war das erste Mal dass sie es zu schätzen wusste, an falschen Handlungen gehindert zu werden. Sie wusste nicht was passieren würde wenn sie ihre Mund jetzt öffnen würde mit dem nicht ausgehärtete Kleber und dem gespannten Stempel der ihre Zunge niederdrückte. Also war es trotz der unangenehmen Lage das beste dem Drang nicht nachzugeben, und sich das Geschirr nicht vom Kopf zu reißen.

Auch als Svenja am Ferienhaus die Händen zum Aussteigen wieder kurz gelöst werden mussten, war sie froh das sie wieder am Geschirr eingerastet wurden. Drinnen durfte sich Svenja dann erst mal auf das Sofa setzen ohne weiter gesichert zu werden. Herr Schäfer räumte Einkäufe in die Küche, und hatte dabei eine Auge auf Svenja, die aber viel zu erschöpft war um sich vom Sofa zu entfernen, zumal sie mit den angebunden Händen nichts anderes machen konnte.


Frau Schäfer und Charlotte waren wohl direkt nach der Ankunft im Bad verschwunden, was Svenja in Erinnerung brachte, dass sie eine Windel trug, diese aber glücklicherweise beim Zahnarzt nicht benutzen musste. Jetzt aber hatte sie langsam dass Gefühl, dass sie bald pinkeln musste. Das niederdrücken der Zunge war immer noch genau so nervig wie zu Anfang, aber da Svenja jetzt auch schon wieder an andere Dinge denken konnte, hatte sie das Gefühl dass der Drang das Geschirr vom Kopf zu reißen nachgelassen hat.

Während Svenja sich Gedanken machte wie diese Abend enden würde, kehrten Frau Schäfer und Charlotte zurück aus dem Bad. Charlotte hatte wieder den Hausanzug an und ein normales Geschirr um die Brust. Damit wurde sie dann von ihre Mutter in der Küche an den Schienen befestigt und sollte beim zubereiten des Abendessen helfen. Danach kam Frau Schäfer zu Svenja und setzte sich neben sie.

„So mein Schatz, ich hoffe es geht dir einigermaßen gut. Ich weiß dass es ein anstrengender und aufregender Nachmittag für dich war. Hast du deine Windel benutzt?“ fragte sie dann direkt.

Svenja schüttelte mit dem Kopf, aber Frau Schäfer griff ihr trotzdem in den Schritt um danach zu fühlen. Svenja war zu erschöpft um sich darüber aufzuregen, es war halt typisch Frau Schäfer.

„OK, sie scheint trocken zu sein. Musst du denn jetzt mal?“ fragte sie dann.

Svenja nickte.

„Gut. Möchtest du jetzt auf die Toilette und soll ich dir die Windel abnehmen?“ fragte Frau Schäfer weiter. Wieder nickte Svenja.

„Dringend, oder können wir noch ein Paar dingen klären?“ Auf diese Frage schüttelte Svenja mit dem Kopf, sie hatte es noch nicht so eilig.

„Gut, ich möchte dir erklären wie es heute Abend noch mit dir weiter geht.“ Als Frau Schäfer das sagte legte sie einen Arm um Svenja.

„Das Gerät in deinen Mund ist maximal für eine Stunde aktiv, dann wird es sich wieder entspannen. Das ist gleich der Fall. Ich möchte dich bitten trotzdem nicht versuchen zu sprechen. Das ist dann nämlich eingeschränkt möglich, aber nicht gut.“ Als Frau Schäfer das sagte, neigte sich Svenja zu ihr und ließ sich vor Freude von ihr umarmen. Anders konnte sie sich nicht für diese tolle Nachricht bedanken.

„Aber wir sind vom Arzt angehalten es nach einer weiteren Stunde wieder zu aktivieren. Solange bis du ins Bett gehst immer für eine Stunde im Wechsel; in der Nacht ist eine Aktivierung nicht nötig. Das bedeutet, dass du heute selbst entscheiden darfst ob du früher ins Bett möchtest. OK? Dann gibst du mir ein Zeichen.“ erläuterte Frau Schäfer. Woraufhin Svenja heftig nickte.

Diese Option war für Svenja auch eine gute Nachricht. Unter anderen Umständen würde sie nicht freiwillig früher ins Bett gehen: es war hier sowieso schon immer viel zu früh für Svenja. Aber wenn keine weitere Aktivierung mehr nötig sein würde, war es definitiv eine gute Option für Svenja.

Während Svenja sich noch an Frau Schäfer kuschelte, gab das Handy von Frau Schäfer plötzlich ein Benachrichtigungston von sich. Daraufhin guckte sie auf das Gerät, und noch während sie die Nachricht las, spürte Svenja wie ihre Zunge wieder freigelassen wurde. Frau Schäfer legte dann ihre Zeigefinger auf ihren Mund um Svenja zu zeigen, dass sie zu schweigen hatte. Svenja setzte ein breites lächeln auf und Frau Schäfer konnte die Zahnspange von Svenja sehen und fand es irgendwie süß und musste sie noch mal umarmen.

Als sie sich dann wieder gelöst hatte, sagte sie, „Komm, ich bringe dich aufs Klo und zieh dich um. Du musst ja hier im Haus nicht so angezogen sein.“

Dann stand Frau Schäfer auf und half auch Svenja wieder aus dem Sofa hochzukommen. Im Bad angekommen rechnete Svenja damit, das ihr zuerst die Hände von dem Geschirr gelöst wurden, um sie an dem Seilpaar an der Toilette zu befestigen, wie bei jeden Toilettenbesuch in den letzten Tage. Daher stellte sich Svenja in die entsprechende Position.

„Nein Svenja, heute nicht. Ich muss sicherstellen, das du mit den Händen nicht an den Kopf kommst - da reichen die Heber nicht aus.“ sagte Frau Schäfer, ging zum Regal und holte zwei komische Gegenstände, die aussagen wie breite aber nicht sehr lange Schläuche aus Gewebe wie sie es von einer Luftmatratze kannte. Einen dieser Schläuche legte Frau Schäfer dann auf des nahegelegen Waschbecken, und sie nahm das Handy um den rechten Arm von Svenja aus der Verankerung zu lösen. Als das geschehen war nahm sie sofort Svenjas Hand, führte ihren Arm in den zweiten Schlauch und zog ihn bis kurz vor die Schulter hoch. Ihre Hand kam unten wieder heraus und der Schlauch endete kurz vor dem Ausweisring, wie ein separater Ärmel. Dann begann Frau Schäfer damit, den Schlauch mit eine Handpumpe aufzublasen. Die Wände des Schlauches dehnten sich dadurch aus und Svenjas ganzer Arm wurde in dem Schlauch festgeklemmt. Es fühlte sich an wie ein viel zu großer Schwimmflügel, aber Svenja spürte mit dem Aufblasen auch gleich den Zweck der Maßnahme, denn mit dem Aufblasen wurde der Schlau auch immer steifer. Das führte dazu, dass Svenja ihren Arm nicht mehr beugen konnte. Damit konnte ihre Hand auch den Kopf nicht mehr erreichen. Als Frau Schäfer mit dem Druck in dem Schlauch zufrieden war, folgte die gleiche Prozedur bei ihrem Linken Arm, und dem Schlauch aus dem Waschbecken. Glücklicherweise war diese Art der Einschränkung nicht so unangenehm wie andere. Der Druck verteilte sich über die gesamte Fläche, und Svenja konnte die Arme und Hände ansonsten frei bewegen, nur halt nicht zum Kopf oder Öberkörper führen.

Als diese Maßnahme vollendet war, wurde Svenja das Gurtgeschirr abgenommen, was etwas komplizierter war, aber nicht unmöglich. Danach konnte dann auch die Latzhose ausgezogen werden, nur der Pullover nicht, weil die Ärmel unter den Schläuchen eingeklemmt waren. Die Windel war auch schnell ausgezogen und Svenja durfte sich auf die Toilette setzten. Da Svenja ja im Grunde dabei ziemlich frei war, blieb Frau Schäfer im Bad und ließ Svenja nicht aus den Augen. Das war für Svenja inzwischen kein großes Problem mehr.

Als sie auf der Toilette fertig war wurde sie von Frau Schäfer sauber gemacht; dabei sollte sie die Arme hochhalten um nicht zu stören. Es war irgendwie schön die Arme nach der ganzen Zeit bewegen zu können, aber es wurde auch mit der Versteifung schnell anstrengend. Es dauerte aber nicht lange und Svenja wurde schon wieder angezogen.

„Ich kann dir mit den Schienen leider nicht den üblichen Hausanzug anziehen, aber wir haben etwas ähnliches.“ sagte Frau Schäfer und hielt Svenja ein Kleidungsstück vor die Beine in das die treten sollte. Für Svenja sah es im ersten Moment genau so aus wie der Hausanzug. Es hatte die gleiche Farbe und auch den Gleichen Stoff. Beim Hochziehen entpuppte es sich dann als Latzhose mit fast den gleichen Eigenschaften wie der Hausanzug. Es gab angesetzt Füße und um die Taille gab es einen Gummizug der die Hose eng anliegen ließ. Seitliche Knöpfe wahren daher auch nicht notwendig.

Darüber bekam Svenja dann ein Brustgeschirr geschnallt.

„So Svenja, dann sind wir hier fertig. Lass uns in die Küche gehen.“ sagte Frau Schäfer, und machte eine kurze Leine am Geschirr fest und führte Svenja in die Küche.

Das Laufen mit diesen Teilen um den Armen war ungewohnt aber kein Problem für Svenja. Es war besser als wenn die Hände wieder an ihren Körper gebunden worden wären. Da die Zunge jetzt schon fast ein halbe Stunde nicht mehr niedergedrückt wurde entspannte sich Svenja jetzt etwas. Das Geschirr um ihren Kopf war immer noch störend und doof, aber der Abend wurde langsam erträglicher. Daher war Svenja auch einigermaßen zufrieden mit der Situation, auch wenn sie im Grunde nichts machen konnte in dem Zustand.

In der Küche wurde sie dann wie üblich an der Küchenbank angeschnallt. Dabei konnte sie ihre Arme entweder auf den Tisch legen, oder seitlich am Körper hängen lassen. Das war beides nicht die bequemste Position. Unten lagen die Arme an der Kante der Bank an und oben lagen die Hände weit auf dem Tisch und das Gewicht der Arme drückte auf die Handgelenke. Aber Svenja konnte zwischen den Positionen wechseln, solange niemand neben ihr saß, was ganz OK war.

Nach ein paar Minuten kam Frau Schäfer mit einem Becher, in dem ein Strohalm steckte. Diesen stellte sie auf die Tischkante, dicht vor Svenja hin.

„Du hast schon lange nichts mehr getrunken, du solltest jetzt was trinken Svenja!“ sagte Frau Schäfer dann zu ihr, und setzte sich ihr gegenüber.

Svenja war nicht so ganz klar wie sie das machen sollte, mit dem geschlossenen Mund. Daher weitete sie ihre Augen und zuckte mit den Schulter. Sie hatte auch kurz überlegt ob sie versuchen sollte eine Frage zu stellen, was aktuell wohl möglich gewesen wäre. Doch sie wollte ihre Situation derzeit auf keinen Fall verschlechtern.

„Ohh, das ist nur Wasser Svenja. Du kannst ja deine Lippen öffnen und am den Strohalm saugen. Das Wasser wird seinen Weg schon durch dein Beißerchen finden. Mach dir keine Sorgen.“ sagte Frau Schäfer und lächelte Svenja an.

Da Svenja in der Tat Durst hatte, versuchte sie es wie Frau Schäfer es ihr gesagt hatte. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Das Wasser das aus dem Strohalm kam, sickerte durch ihre Zähne und verteilte sich im ganzen Mund. Da sie aktuell ihre Zunge benutzen konnte, war das Schlucken auch kein großes Problem. Nachdem Svenja ein paar weitere Züge genommen hatte, setzte sie den Strohalm wieder ab und lächelte Frau Schäfer dankbar an. Das sie dabei ihre neue Spange in ihre ganze Schönheit Frau Schäfer präsentiere, war ihr zu dem Zeitpunk nicht klar. Aber Frau Schäfer fand es sehr Süß bei Svenja und musste unwillkürlich leicht lachen.

Svenja verstand natürlich nicht warum und guckte daraufhin verwundert und hob die Schulter.

„asss?“ (Was?) kam ihr spontan aus den Mund.

Was Frau Schäfer fast dazu gebracht hätte laut zu Lachen, aber sie beherrschte sich, lächelte nur und hob ermahnend ihre Finger vor ihren Mund. „Schhhh. Nicht sprechen. Du hast noch 20min, aber ich kann es auch früher wieder aktivieren.“

Mit dieser Drohung verschwand bei Svenja das Lächeln sofort wieder und sie guckte etwas traurig. Diese Tag hätte aus ihre Sicht auch einfach hier enden können.

„Gut Svenja, ich kann dir leider heute Abend nicht mehr als das Wasser anbieten. Daher denke ich du solltest auch nicht mit uns zusammen am Essenstisch sitzen. Ich bringe dich gleich zu den Liegen auf die Terrasse. Wenn du magst, kannst du dort etwas lesen. OK?“

Svenja nickte und nahm noch einen großen Schluck mit dem Strohalm. Es war nicht so, dass sie großen Hunger hatte, aber die Aussicht ohne Essen ins Bett gehen zu müssen war auch nicht gerade die Beste.

„Hast du genug? Du bekommst noch eine Gelegenheit zum Trinken nach der nächsten Stunde.“ wurde sie von Frau Schäfer informiert.

Da es ihr für den Moment reichte, nickte sie mit dem Kopf und Frau Schäfer nahm ihr den Becher wieder weg und brachte ihn in die Küche zurück. Danach wurde Svenja dann auf einer der Liegen gebracht und dort angeschnallt. Sie konnte ihre Arme halb auf ihren Oberkörper legen, was eigentlich ganz bequem war. Die Sonne bewegte sich langsam in Richtung Dünen und es hätte so einen schönen Abend sein können. Frau Schäfer verließ sie wieder und Svenja schaute sehnsüchtig in die Dünen. ‚Musste das alles wirklich sein?‘ begann es wieder in ihrem Kopf zu arbeiten.

Nach eine Weile kam dann Frau Schäfer zurück und legte ein Buch und eine Jugendzeitschrift auf den Tisch in Svenjas Reichweite.

„Du solltest dich etwas ablenken Kind.“ sagte sie dann noch, und Svenja sah zu ihr und dann zu dem Lesestoff. Svenja hätte viel lieber Musik gehört, aber das konnte sie zum einen nicht äußern, und zum anderen konnte sie sich die Kopfhörer nicht einsetzen. Also griff sie nach der Zeitschrift und betrachtete das Cover. Das war mit den geraden Armen gut möglich aber ungewohnt und etwas anstrengender, da die Schrift deutlich weiter weg war.

Frau Schäfer nahm unterdessen ihre Telefon aus der Tasche und wischte etwas darauf.

„So Svenja, bist du bereit?“ fragte sie dann und holte sich damit die Aufmerksamkeit von Svenjas zurück.

Svenja schaute zu ihr, und sah wie Frau Schäfer mit dem Daumen über ihren Telefon bereit war Svenjas Sprachregulator wieder zu aktivieren. Svenja machte ein misslauniges Gesicht und schüttelte mit dem Kopf. Aber ihr war auch klar, dass die Frage eigentlich nur rhetorischer Natur war. Daher sah sie auch wie Frau Schäfer ihren Daumen senkte, nachdem sie beide Blickkontakt hatten. Augenblicklich kehrte bei Svenja das unangenehme Gefühl und der Druck auf der Zunge zurück. Es lief ihr ein Schauer über den Rücken und sie musste sich leicht schütteln. Sie würde es wohl eine weitere Stunde aushalten müssen.

Frau Schäfer steckte das Telefon weg und streichelte Svenja über den Kopf. „Ist alles ok? Wir essen jetzt zu Abend. Dann sehen wir weiter, ja.“ sagte Frau Schäfer und Svenja nickte leicht.

„Wenn du in Schwierigkeiten gerätst, dann klopfe 2 Mal gegen das linke Armband, dann komme ich und sehe nach dir. Verstanden?“ sagte sie dann noch.

Svenja nickte erneut und guckte dann wieder auf die Zeitschrift; es war vielleicht wirklich eine gute Idee sich abzulenken. Aber dann musste sie noch kurz über die Aussage zu dem Armbändern nachdenken. War das ein Art Notruf Funktion? Funktionierte die immer? Diese Armbänder hatten immer wieder Überraschungen für Svenja bereit. Aktuell sah sie aber auch keine Anlasse diese Funktion zu testen. Das niederdrücken der Zunge war wieder sehr störend und präsent, aber sie hatte es bereits ein Stunde ausgehalten und würde es wohl auch eine weitere Stunde aushalten müssen und können.

Sie stöberte in der Zeitschrift und amüsierte sich dabei etwas. Ihr viel aber auch auf, dass die darin dargestellte Jugendkultur nichts mit ihre aktuellen Situation zu tun hatte, was der Ablenkung aber keine Abbruch tat. Plötzlich klickte es in ihrem Mund und der Druck auf der Zunge war wieder verschwunden. War wirklich schon eine Stunde vergangen? Svenja gucke von der Zeitschrift auf und sah sich um. Die Sonne berührte jetzt schon die Spitzen der Dünen. Sie war wirklich froh dass es vorbei war und beschoss, dass sie zum Ende der nächsten Stunde ins Bett gehen würde um eine weitere Aktivierung aus dem Weg zu gehen. Im Schlaf würde sie das Kopfgeschirr nicht spüren und am Morgen sollte ja alles vorbei sein.

Einen kurzen Moment später schaute Frau Schäfer durch die Terrassentür nach Svenja.

„Geht es dir gut, mein Kind?“

Svenja nickte und lächelte leicht, aber dieses Mal ohne ihre Zähne zu zeigen.

„Wir wollen heute Abend eine Film sehen; möchtest du mitschauen?“ fragte Frau Schäfer dann.

Svenja überlegte kurz, was das für ihren Plan bedeuten würde in eine Stunde ins Bett zu gehen. Denn dazu musste ja Frau Schäfer sie ins Bett bringen. Und der Film würde sicher länger als eine Stunde gehen. Auf der anderen Seite war Frau Schäfer schon den ganzen Nachmittag viel netter, hat Svenja viele Optionen gelassen und viel mehr gefragt als sonst. Hatte sie mehr Mitleid mit ihrer Situation als bei anderen Maßnahmen? Dann würde sie ihr vielleicht auch den zusätzlichen Aufwand durchgehen lassen.

„Svenja, träumst du? Wir wollen gleich anfangen.“ kam die Nachfrage von Frau Schäfer.

Svenja nickte und wusste jetzt selbst nicht ob sie gerade dem Film zugestimmt hatte oder bestätigte, dass sie am Träumen war.

Frau Schäfer bemerkte aber, dass Svenja sich unschlüssig war und etwas auf dem Herzen hatte. Also setzte sie sich neben Svenja und hielt ihre Hand fest.

„Ich weiß doch das es nicht einfach ist, aber es ist bald vorbei. Möchtest du noch was Trinken?“ fragte Frau Schäfer dann.

Svenja schüttelte den Kopf und legte dann ihren Kopf schief. „mmm“ machte Svenja ohne dabei zu versuchen zu sprechen und machte ein trauriges Gesicht.

Frau Schäfer blickte sie an und fragte dann. „Hast du eine Frage?“

Woraufhin Svenja heftig nickte.

„OK, ich habe eine Idee.“ sagte sie und holte ihre Handy aus der Tasche, was Svenja etwas erschrecken ließ, da diese Handy so ein Macht über sie hatte.

Frau Schäfer wischte einen kurzen Moment darauf und sagte dann: „Aber nur um deine Frage zu klären, wir werden das nicht den ganze Abend machen. Verstanden?“

Svenja verstand nicht, aber Frau Schäfer gab ihr dann das Handy in ihre Hand.

„Du kannst deine Frage aufschrieben und ich beantworte sie dir.“ kommentierte sie ihr handeln.

Svenja schaute auf das Gerät und sah ein Notiz-App mit einer leeren Seite und die Tastatur war bereits eingeblendet. Jetzt verstand sie und wunderte sich warum Frau Schäfer diese Idee nicht schon früher hatte. Aber sie war dankbar jetzt diese Möglichkeit zu haben sich mitzuteilen. Also tippte sie drauf los.

„Ich würde sehr gerne mit euch den Film sehen. Aber ich möchte auch, wenn die Stunde um ist, ins Bett gehen um einer weitere Aktivierung zu vermeiden. Der Film wird sicher länger als eine Stunde gehen. Würdest du mich dann trotzdem…“ weiter kam Svenja nicht, auch wenn sie sehr schnell auf einem Smartphone schrieben konnte.

„Svenja, nur die Frage! Ich weiß dass du dich lange nicht mitteilen konntest. Du kannst uns morgen alles erzählen.“ sagte Frau Schäfer, während sie Svenja das Telefon wieder aus der Hand nahm, und danach das Geschriebene las.

„Es ist süß von dir, das du dir um mich Sorgen machst. Aber das musst du nicht. Es ist meine Aufgabe für euch zu sorgen, und da ich dir versprochen habe, dass du ins Bett kannst wenn du möchtest werde ich mich auch daran halten. Also dann komm, lass uns rein gehen.“ sagte Frau Schäfer, löste Svenja von der Liege und bracht sie in Wohnzimmer auf das Sofa. Da wurde sie mit einer Leine gesichert, aber diese war solang, dass sie nicht störte. Svenja hatte sowieso nicht vor ‚wegzulaufen‘. Wie auch.

Als alle wieder auf ihren Plätzen saßen, so wie auch bei dem Spieleabend, schaltete Herr Schäfer den Film ein; es war eine Komödie von einer DVD. So konnte der Film auch gestoppt werden wenn Svenja vorzeitig die Runde verlassen musste.

Nach wenigen Minuten kuschelten sich Charlotte von der einen Seite und Svenja von der andere Seite an Frau Schäfer und legten ihre Köpfe auf die Schultern der Mutter. Es war für alle sehr gemütlich, nur die steife Arme waren etwas störend bei Svenja, aber auch nicht so schlimm. Alle haben viel gelacht, was bei Svenja dazu führte, dass das Kopfgeschirr immer mal wieder störte. Dennoch war der Abend sehr kurzweilig und Svenja war schon recht müde als der Film plötzlich zu Ende war. Als der Abspann noch lief verkündete Frau Schäfer: „So jetzt aber ab ins Bett mich euch.“ Svenja richtete sich wieder auf um wieder gerade zu sitzen, und schaute dann Frau Schäfer verwundert an. Der Film hatte mit Sicherheit länger als eine Stunde gedauert.

Frau Schäfer legte nur ihre Finger wieder auf dem Mund, und löste dann die Leine von Svenja von dem Sofa. Svenja verstand, dass es möglicherweise bei der ganzen Zungen-Sache und dem Aushärten nur darum ging, dass sie während der Zeit nicht versuchen sollte zu sprechen, und nicht wirklich darum ihre Zunge die ganze Zeit niederzudrücken. Die Tatsache, dass die Aktivierung nach einer Stunde automatisch wieder gelöst wurde sprach auch für diese Theorie. Svenja fühlte sich plötzlich etwas betrogen, war aber auch froh, dass Frau Schäfer sie den Film zu Ende sehen gelassen hatte.

Im Bad gab es dann die gewöhnliche Routine, und die steifen Schläuche wurden dort schon entfernt nach entsprechenden Ermahnung von Frau Schäfer in Bezug auf Svenjas Hände. Im Bett wurde die Ausweisringe geladen, was die Hände auch in der Nacht außerhalb der Reichweite den Kopfes halten würde. Der einzige Unterschied an diesem Abend war, dass Charlotte nicht mit im Bad war; sie wurde erst fertig gemacht als Svenja sicher im Bett angeschnallt war.

Das Einschlafen viel Svenja an diesem Abend nicht so leicht, aber irgendwann gelang es ihr und der grausige Nachmittag war überstanden.

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