Der Werdegang der Familie Marson

Kapitel 13.3 : Die Sommerferien, am Anfang steht die Bürokratie

Svenja war es sehr langweilig in ihrem Sitz. Es wurde immer noch kein Radio gespielt und sie hatte bei der Rast vergessen nach ihrem Rucksack zu fragen. Sie konnte sich aber auch gut vorstellen, dass sie den CD-Spieler sowieso nicht bekommen hätte, auch wenn sie danach gefragt hätte. So schaute sie abwechselnd aus dem Fenster oder zu Charlotte, was beides öde war.

Bisher hatte sich Svenja noch überhaupt nicht dafür interessiert wohin sie die Reise führen würde. Ihre Mutter hatte immer wieder von einer Grenze gesprochen und so würde es wohl ins Ausland gehen. Was unter anderen Umständen sicherlich aufregend und spannend für Svenja gewesen wäre, aber hier hielt sich ihre Begeisterung in Grenzen.

Da Svenja keine Beschäftigung hatte, versuche sie anhand der Autobahnschilder und ihren begrenzten Geografiekenntnissen herauszufinden in welche Richtung sie unterwegs waren. Dann las sie plötzlich ein Schild auf dem stand „letzte Tankstelle vor der Grenze“. Aber an dieser hat Herr Schäfer nicht angehalten. Einige Kilometer später konnte Svenja ein Schild lesen auf dem eine Liste an Orten stand, mit einer Kilometer Zahl dahinter. Oben stand „Flensburg 49km“ und darunter stand „Grenze Übergang 52km“. Svenja dachte dabei, dass es wohl doch noch weiter war bis zur Grenze, als sie bei der Tankstelle vermutet hatte.

Ihre Mutter hatte ja mehrfach darauf hingewiesen, dass sie pünktlich an der Grenze sein musste. Aber warum nur? Der Übergang würde doch wohl rund um die Uhr geöffnet sein? Svenja hatte in der Schule gelernt, dass es normalerweise keine Kontrollen innerhalb von Europa gab. Ob sie dort irgendetwas anmelden mussten? Svenja konnte keinen plausiblen Grund finden.

Nachdem Svenja noch etwas nachgedacht hatte, steuerte Herr Schäfer das Auto plötzlich von der Autobahn über eine Ausfahrt herunter. Daraufhin hörte Charlotte auf zu malen und verstaute die Stifte und das Buch in einer Ablage. „Mama, fahren wir nicht über die Autobahngrenze?“ wollte Charlotte dann von ihrer Mutter wissen.

„Nein dieses Mal nicht mein Schatz, wir wollen noch in Flensburg tanken und dann müssen wir noch die neuen Ausweise für euch Beide bei der Behörde abholen.“ antwortete Frau Schäfer.

Svenja hatte interessiert zugehört aber weiter aus dem Fenster geschaut. Dabei sind sie gerade an dem Ortsschild von Flensburg vorbei gefahren. Wieso musste man Ausweise für Charlotte und Svenja an der Grenze abholen, waren sie für das Ausland? Und warum konnte man es nicht zuhause in der Heimatstadt machen? Svenja hatte tausend Fragen aber wollte immer noch nicht mit den Schäfers sprechen.

Charlotte schien das so zu akzeptieren und Herr Schäfer steuerte das Auto vor eine Zapfsäule einer Tankstelle. Dann ist er ausgestiegen und hat das Auto betankt. Charlotte und Svenja schauten sich dabei die Umgebung an, es war auf jeden Fall mehr zu sehen als auf der Autobahn. Da auch Frau Schäfer im Auto geblieben war, hatte Svenja auch nicht versucht von Charlotte Antworten zu bekommen.

Es gingt dann auch schnell weiter und Herr Schäfer steuerte das Auto über einige große Straßen und Kreuzungen. Dann standen sie plötzlich in einem kleinen Stau.

„Papa warum geht es nicht weiter?“ fragte Charlotte ihren Vater.

„Das ist der Grenzübergang Charlotte, und seit die Politiker alle durchdrehen gibt es wieder Passkontrollen. Dass dauert nun mal etwas.“ erklärte Herr Schäfer.

„Und wie lange dauert so was?“ wollte Charlotte dann wissen.

„Kind bitte hör auf zu quengeln, der Kontrollpunkt ist doch schon zu sehen.“ sagte Herr Schäfer.

Svenja musste bei der Unterhaltung etwas grinsen, denn sie fand Charlottes Verhalten auch etwas kindlich und dachte würde es Charlotte stören so von ihrem Vater angesprochen zu werden. Dieser hatte aber im extra Rückspiegel das Grinsen von Svenja gesehen.

„Svenja, es freut mich sehr das sich deine Laune etwas verbessert. Möchtest du den Witz nicht mit uns teilen?“ fragte Herr Schäfer und lächelte Svenja dabei über den Spiegel an.

Charlotte hat nicht verstanden über welchen Witz ihr Vater sprach und so schaute sie abwechselnd zu ihrem Vater und zu Svenja. Aber Svenja hatte blitzschnell ihr Grinsen wieder verschwinden lassen.

„Nein Herr Schäfer, ich studiere die Gepflogenheiten noch ein wenig in der Hoffnung mich vielleicht etwas anpassen zu können.“ sagte Svenja sehr hochtrabend.

Sie vermutete, dass Herr Schäfer genau wusste warum sie gegrinst hatte und sich so von Charlotte abheben und zeigen wollte, dass sie schon reifer sei.

Charlotte hingegen hatte nicht kapiert worum es in dem Gespräch ging und war noch mehr verwirrt.

„OK das ist hochinteressant Svenja, dann wünsche ich dir weiter viel Erfolg bei deinem Studium und vor allem viel Glück bei der Umsetzung. Aber wenn es nicht so gut klappen sollte, werden wir dir mit Rat und Tat zur Seite stehen.“ sagte Herr Schäfer und fuhr das Auto immer wieder ein Stück weiter. Svenja hatte den Wink verstanden und ihr war klar dass sie sich einbringen musste.

Herr Schäfer war von Svenjas klugem Gerede nicht beeindruckt, denn er wusste dass auch Svenja nicht viel reifer war als Charlotte, nur sie wollte es nicht zeigen oder war haben. Aber darum würden sich die Schäfers auch kümmern und Svenja zeigen wo sie stand.

Charlotte hat sich keine weiteren Gedanken über die Unterhaltung gemacht und versuchte einen Blick auf den Kontrollpunkt vor ihnen zu bekommen, was nicht so einfach war mit dem Kopfgestell auf der Rückbank. Aber das Auto war in der Zwischenzeit ein gutes Stück vorangekommen und es waren nur noch wenige Autos vor ihnen.

Als sie an der Reihe waren ließ Herr Schäfer die Scheibe herunter und der Grenzsoldat schaute in das Innere des Wagens.

„Die Pässe bitte!“ kam eine kurze Anweisung auf Deutsch aber mit einem starken Akzent.

Daraufhin übergab er dem Soldaten zwei Personalausweise und ein Blatt Papier.

Zuerst schaute er auf die Ausweise und musterte Herr und Frau Schäfer, danach hat er das Papier gelesen und etwas zu einem, an der Seite stehenden, Kollegen gerufen was Svenja nicht verstehen konnte, da es offensichtlich nicht in Deutsch war. Dann wandte er sich wieder an Herr Schäfer und gabt ihm alles zurück. „Bitte fahren sie rechts aus der Reihe zu dem Kollegen“ war die nächste Anweisung.

Herr Schäfer steuerte den Wagen wie befohlen nach rechts wo ein Mann in Polizeiuniform stand. „Sie können dort dem Weg folgen und dann links auf dem Parkplatz vor dem Zollgebäude parken, dann folgen sie den Schilder zur Einwanderungsbehörde, dort bekommen sie alles weitere.“ sagte der Mann auch wieder mit einen starken Akzent.

Herr Schäfer bedankte sich und fuhr zum angegebenen Ort.


„Mama, was sind das denn für Ausweise? So was haben wir doch letztes Jahr nicht gebraucht?“ fragte Charlotte neugierig bei ihrer Mutter.

„Das ist richtig Charlotte, aber zum einen seid ihr beide jetzt über 16 Jahre alt und euer Kinderausweis ist im Prinzip abgelaufen. Und auf Grund dessen, dass ihr Beide auch für eine verlängerte Minderjährigkeit angemeldet seid, bekommt ihr keine Personalausweis. Euer neuer Ausweis konnte in Deutschland leider nicht vor dem Ende der Sommerferien bereitgestellt werden. Aber das ist das Schöne an Europa, hier in Dänemark sind die Behörden weiter und ihr bekommt hier den neuen Ausweis der für euch notwendig ist.“ erklärte Frau Schäfer als ihr Mann das Auto auf dem Parkplatz abstellte.

„Mama sind wir dann dänisch mit den neuen Ausweisen?“ fragte Charlotte .

„Nein natürlich nicht mein Schatz, diese neue Art von Ausweis ist Europäisch und kann von jedem Mitgliedsland ausgestellt werden. Eure Staatsangehörigkeit bleibt natürlich deutsch. Wir haben alle nötigen Papiere aus Deutschland dabei.“ sagte Frau Schäfer und stieg gemeinsam mit ihrem Mann aus dem Auto.

Dann ging Herr Schäfer zum Kofferraum und holte eine kleine Tragetasche heraus. Frau Schäfer hatte dabei die Tür von Charlotte geöffnet und begonnen sie aus dem Sitz zu befreien. Während Charlotte noch in ihrem Sitz saß wurden ihr von ihrer Mutter Ledermanschetten an den Handgelenken befestigt die ihr Vater aus der Tasche geholt hatte. Danach durfte Charlotte aus dem Sitz aufstehen und wurde von ihrem Vater am Arm festgehalten vor dem Auto. Dabei hatte Frau Schäfer dann zwei Leinen bei Charlotte an der Latzhose durch die D-Ringen an der Taille gezogen. Das vordere Ende der Leinen wurde dann jeweils über die Manschette mit Charlottes Handgelenken verbunden. Dann wurde an den beiden Leinen gezogen, sodass die Hände von Charlotte an ihren Körper gezogen wurden. Danach wurden die beiden Leinen im Rücken so mit einer Schnalle verbunden, dass Charlotte die Leinen mit ihren Händen nicht wieder nach vorne ziehen konnte. Die Enden der beiden Leinen hatten je eine Handschlaufen, diese wurden dann von Herr Schäfer zunächst an der Dachrailing der Wagens mit einem einfachen Knoten festgebunden. So konnte Charlotte ihre Hände nicht mehr vom Körper lösen und musste in 1,5m Entfernung am Auto stehen bleiben. Dies schien Charlotte aber nicht weiter zu stören oder zu beunruhigen, sie war es wohl gewöhnt.

Svenja hatte das Ganze, soweit es ihr möglich war, von ihrem Sitz aus beobachtet und dachte sich, dass diese Fesseln nicht besonders schlimm sein. Sie hatte in dem Bekleidungsgeschäft vor ein paar Tagen deutlich restriktivere Möglichkeiten kennengelernt. So würde sie es auch akzeptieren in die Behörde zu gehen bzw. gebracht zu werden.

Als jedoch kurze Zeit später Frau Schäfer sie aus dem Sitz befreit hatte, hatte sie ihr keine Manschetten an den Handgelenken angelegt. Als sie dann aus dem Sitz aufgestanden war, hatte Herr Schäfer auch nicht die gleichen zwei Leinen in der Hand wie bei seiner Tochter zuvor. Svenja konnte erkennen, dass es ein komplexeres Gebilde aus einigen Lederriemen war.

„Hey, warum bekomme ich so ein Ding und Charlotte viel leichtere Fesseln?“ beschwerte sich Svenja so gleich.

„Svenja, zum einen sind das keine Fesseln und ich möchte in Zukunft das du es auch nicht so nennst. Zum anderen diskutieren wir mit dir nicht über solche Entscheidungen, du hast es zu akzeptieren in dem Moment wo wir es für nötig halten. Später kannst du uns dann in einer ruhigen Minute nach einer Erklärung fragen. Wirst du jetzt kooperieren beim Anlegen des Disziplin-Geschirrs oder muss mein Mann dich vorher zusätzlich sichern?“ fragte Frau Schäfer mit ernster Miene und hielt Svenja dabei an ihrem Arm fest.

„Schatz, ich habe es schon in der Hand, es ist einfacher.“ sagte Herr Schäfer, der unterdessen etwas aus der Tasche genommen hatte und es zu einer ca. 50cm langen Stange zusammengesteckt hatte. An den Enden war je eine Schlaufe in die Svenja dann mit den Füßen treten musste. Nachdem das auf beiden Seiten geschehen war wurden die Schlaufen von Herr Schäfer zugezogen und Svenja musste leicht breitbeinig stehen und konnte keine normalen Schritte mehr machen.

„Ok dann eben so!“ sagte Frau Schäfer und lies den Arm von Svenja los, denn so wäre sie nicht weit gekommen. Außerdem musste Svenja sich jetzt auch etwas auf ihr Gleichgewicht konzentrieren. So wurde ihr dann befohlen die Arme nach vorne auszustrecken um sich das Gurtgeschirr anlegen zu lassen. Es handelte sich genau um das selbe Modell, welches Svenja im Laden anziehen musste während sie von Frau Schäfer durch den Lagen geführt wurde. Nach wenigen Momenten wurde dann auch schon der Schrittgurt strammgezogen und für die Grundstellung hinten am Beckengurt befestigt. Danach wurde dann noch Svenjas Handgelenke am hinteren Teil des Beckengurtes in den dort befindlichen Manschetten gesichert.

Svenja hatte jeglichen Widerstand aufgegeben bzw. erst gar nicht versucht Widerstand zu leisen. Sie kannte ja die Funktion der Leine: wenn daran gezogen wurde, würde der Schrittgurt enger werden, was sehr unangenehm sein konnte.

Als alles zu der Zufriedenheit von Frau Schäfern festgezogen und gesichert war, durfte Svenja wieder aus den Schlaufen heraustreten und Herr Schäfer brachte das Teil zurück in die Tasche. Die Leine von Svenja übernahm dieses Mal Herr Schäfer und Frau Schäfer löste die Leine ihrer Tochter von dem Wagen und verschloss selbigen.

Dann war die Gruppe aufgebrochen zu dem Eingang den der Polizist ihnen zuvor beschrieben hatte. Auf dem halben Weg kam ihnen eine andere Familien entgegen. Auch die Beiden Kinder dieser Familie trugen Latzhosen und ihre Arme waren von vorne nicht zu sehen. Als sie an ihnen vorbei waren, schaute sich Svenja um. Denn es sah so aus, als würden die Arme von dem Jungen und dem Mädchen viel weiter hinten gesichert sein, als bei ihr. Von hinten konnte Svenja dann kurzzeitig sehen, dass die Handgelenke der Beiden fast direkt aneinander gefügt waren, so wie bei Handschellen ohne Kette. Es sah unglaublich unbequem aus und Svenja war froh dass es bei ihr nicht so schlimm war. Der Abstand zwischen ihren Händen betrug sicherlich noch über 20cm, was es deutlich angenehmer machte.

Als die Gruppe das Innere des Gebäudes betreten hatte, zeigte sich eine etwas größere Halle wo es in der Mitte einen Infoschalter gab, mit einer Trommel aus der man einen Zettel mit einer Nummer ziehen konnte. Dies taten dann sowohl Herr als auch Frau Schäfer. Dann gab es an den Seiten der Halle drei Stationen mit je drei separaten Schaltern. Über allen 9 Schaltern leuchtete je eine große dreistellige LED Nummernanzeige. Vor allen Schaltern standen kleine Menschengruppen die mit eine Abtrennung, wie bei einer große Bank, den Gruppen etwas Diskretion verschaffen sollte. In der Halle selbst vereitelten sich gut 50 bis 60 Personen. Viele waren Familien mit Kindern die ebenfalls fast alle Latzhosen und auch Gurtgeschirre trugen. Bei einigen älteren Jugendlichen war Svenja erstaunt, denn gerade bei den Mädchen sahen einige deutlich älter aus als sie selbst. Nicht bei Allen waren die Hände gesichert, aber bei einem sehr großen Teil. Es gab einen gewissen Geräuschpegel, auf Grund der Vielzahl von Personen die sprachen. Verstärkt wurde es durch die Bauweise der offen Halle und den Steinfußboden. Besonders laut war es aber auch nicht, es gab keine spielen Kinder zu sehen oder zu hören. Alle bewegten sich langsam und ruhig.

Svenja schaute sich genau um und musterte die Leute. Einige der Kinder wurden sehr kurz an den Leinen gehalten, anderen wurde von ihren Eltern mehr Raum gelassen. Diese gingen meist auch einige Schritte hin und her. Die Schäfers hatten sich nach dem Ziehen der Nummern wieder etwas in die Nähe des Eingangs begeben um die Anzeigen mit den Zahlen besser im Blick zu haben. Dabei musste Herr Schäfer auch sanft an der Leine ziehen, denn Svenja war ja damit beschäftigt sich die Leute anzusehen und achtete nicht darauf wohin die Schäfers wollten.

Als Svenja nach einiger Zeit sich mehr Gedanken darüber machte, wieso es hier so viele Kinder gab, die auch wie sie verschlossene Kleidung tragen mussten und von ihren Eltern an Leinen geführt wurden, schaute sie nur noch unaufmerksam durch die Menschenmenge. Aber plötzlich sah sie einen Jungen der genau so aussah wie ihr Bruder. Er wurde von einer Frau, die Svenja nur von hinten sehen konnte, an einer Leine gehalten. In dem Moment als Svenja ihm zuwinken wollte um zu sehen ob es wirklich ihr Bruder war, wurde der Junge von der Frau an der Leine gezogen und drehte sich auch mit dem Rücken zu Svenja. Die Frau deutete mit dem Finger auf eine der Anzeigen und sprach mit dem Jungen. Das Ganze war aber soweit entfernt von Svenja das sich nichts Genaueres erkennen konnte. Svenjas Neugier war aber geweckt, konnte es ein Zufall sein, dass ihr Bruder auch hier war? War es überhaupt ihr Bruder? Der war ja bei den Söllings, die auch in den Urlaub fahren wollten. Aber wo war Philipp, den konnte sie nicht sehen. Aber der könnte ja auch bei seinem Vater sein.

Svenja musste der Sache auf den Grunde gehen, und wollte zu dem Jungen gehen und sich vergewissern. Nach zwei Schritten spürte sie die Begrenzung durch die Leine die Herr Schäfer immer noch in der Hand hielt. Da er in diesem Moment nicht auf Svenja geachtet hatte, sondern sich mit seiner Frau unterhalten hatte, war er auch von dem plötzlichen Zug der Leine überrascht worden. Dennoch hatte er die Schlaufe fest im Griff und zog, auch durch den Überraschungsmoment, sehr stark an der Leine. Dabei wurde Svenja fast aus dem Gleichgewicht gebracht und stolperte etwas rückwärts. Herr Schäfer reagierte aber schnell und faste an der Leine nach und hielt Svenja so auf den Beinen. Dabei wurden aber die Schrittgurte von ihrem Disziplin-Geschirr sehr eng gezogen. Dies wurde glücklicherweise von der Windel etwas abgepolstert, sonst hätte es vielleicht weh getan.

„Hey, nicht so dolle, lassen sie wieder los!“ kreischte Svenja fast Herr Schäfer an.

„Zügele deine Zunge Svenja, sonst müssen wir das wieder machen“, gab Herr Schäfer scharf zurück.

„Mädchen, du kannst doch nicht einfach so los laufen, was fällt dir ein? Du hättest stürzen können!“ sagte Herr Schäfer dann wieder mit normaler Tonlage, hielt aber immer noch die Leine stramm um Svenja dicht neben sich zu halten.

„Bitte lassen Sie wieder los, das ist unangenehm mit den Bändern zwischen den Beinen.“ jammerte Svenja dann.

„Wo wolltest du denn hin?“ fragte Herr Schäfer aber zunächst.

„Ahh bitte … , ich dachte ich hätte meinen Bruder gesehen.“ antwortete Svenja weiter jammernd.

„Ja aber deswegen kannst du nicht einfach los laufen, du musst doch vorher fragen. … Du musst noch viel lernen Svenja.“ sagte Herr Schäfer.

„Ahh, ja ich habe es gelernt. Bitte lassen sie wieder los.“

„Kann ich das glauben? … Naja ich will mal nicht so sein.“ sagte Herr Schäfer und lockerte seinen Griff an der Leine etwas aber ohne Svenja viel Raum zu geben.

„Ist dir nicht klar, dass es gefährlich ist? Du kannst doch so dein Gleichgewicht weniger ausgleichen.“ versuchte Herr Schäfer zu erklären.

„Ja, dann machen sie mir doch die doofen Handfesseln ab. Dann kann ich das doch vielbesser.“ sagte Svenja mit einer gewissen Empörung.

„Svenja, treib es nicht zu weit. Du kennst die Regeln. Keine Diskussion über deine Disziplinierung und es sind keine Fessel. Mein Mann hat es dir doch gerade ganz ordentlich erklärt.“ schaltete sich Frau Schäfer mit scharfer Tonlage in das Gespräch ein.

„Hörst du Charlotte meckern oder siehst du sie aus der Reihe tanzen? Nein, nimm dir mal ein Beispiel. Wir sind ja bereit anzuerkennen, dass du noch am Anfang deiner Erziehung steht, aber in den letzten Stunden scheinst du noch nichts gelernt zu haben.“ schimpfte Frau Schäfer jetzt mit Svenja in einer dem Geräuschpegel in der Halle angemessenen Lautstärke.

„Ja, ist ja gut, ich versuche mich zu bessern.“ sagte Svenja leise und schmollte. Es war offensichtlich wirklich nicht einfach es den Schäfers recht zu machen, dachte Svenja. Außerdem empfand sie den Vergleich zu Charlotte unfair, die hatte keine Disziplin-Geschirr an und ihr wurden auch die Leinen wieder gelockert, so dass sie die Hände wieder vom Körper nehmen konnte. Nur bei einen Zug an den Leinen wurden ihre Hände wieder an den Körper gezogen.

Das fand Svenja nicht nur unfair sondern auch merkwürdig. Denn Charlotte hatte doch gesagt, dass ihre Mutter großen Wert auf Gleichbehandlung legen würde.


* * * * *


Wie Senja vermutet hatte, befanden sich auch die Söllings in der Halle und die Nummer die Frau Sölling für Jens gezogen hatte wurde zum zweiten Mal an eine der großen Anzeigen angezeigt und blinkte für einen Moment. Frau Sölling zog Jens an seiner Leine zu sich um dann auf die Anzeige zu deuten.

„Komm Jens, wir sind wieder dran, die nächste Station leuchtet auf. Hier bekommst du jetzt die Ringe. Schau Philipp ist schon nebenan an der Reihe.“ sagte Frau Sölling und ging mit Jens zu dem freien Platz neben dem wo sich Philipp mit seinem Vater schon befand.

Dieser Schalter war ganz anders als der Erste, hier sollte Jens sich auf einen Hocker setzten neben dem rechts und links Wände aus stabilen Holz angebracht waren. In dem Holz befanden sich auf jeder Seite ein Loch in das Jens beim hinsetzen seine Arme stecken sollte. Vor ihm war ein Tisch hinter dem ein Beamter saß, der aber in diesem Fall kein Deutsch sprechen konnte. Aber er war dennoch sehr nett und versuchte Jens mit Zeichen zu erklären was er von ihm erwartete. Als Jens dann auf dem Hocker saß, hatte der Beamte die beiden Wände so dicht an Jens seinen Körper geschoben, dass er nicht mehr aufstehen könnte, denn er hätte die Arme nicht mehr aus den Löchern ziehen können. Der Hocker konnte von dem Beamten in der Höhe verstellt werden und so war die Position für Jens nicht unangenehm, aber die beiden Wände waren so groß, das Jens seine Arme nicht mehr sehen konnte egal wohin der sie auch bewegte.

Nachdem alles eingestellt war schaute der Beamte nochmal in den Unterlagen die vor ihm auf dem Tisch lagen, unter anderem lag dort auch Jens sein Kinderausweis. Das Bild verglich der Beamte sehr Gewissenhaft mit dem Gesicht von Jens und lächelte ihn dabei an. Dann legte er die Unterlagen wieder ab und griff an der Wand vorbei nach Jens seiner rechten Hand und hielt sie einen kurzen Moment um Vertrauen aufzubauen, dann nickte er und schob sich aus Jens seinem Blickfeld ohne seine Hand loszulassen.

Jetzt spürte Jens wie sein Handgelenk mit einem feuchten Lappen abgewischt wurde. Danach führte der Beamte Jens seine Hand so, dass sein Handgelenk in eine Mulde oder Halbschale lag. Kurze Zeit später spürte Jens, wie eine weitere Halbschale von oben aufgesetzt wurde. Danach spürte Jens einige Erschütterungen in dem Ring der jetzt um sein Handgelenk lag. Kurz darauf ließ der Beamte Jens seine Hand los und Jens konnte seinen Arm nicht mehr bewegen, denn der Ring hielt seinen Arm fest. Der Ring schien perfekt zu passen, er hatte überhaupt kein Spiel um das Handgelenk und hielt seinen Arme bombenfest. Jetzt dauerte es einen Moment und Jens konnte nicht spüren was gemacht wurde oder ob noch etwas gemacht wurde.

Plötzlich wurde seine Hand wieder von dem Beamten angefasst, und der Kopf von dem Beamten erschien auch wieder kurz im Jens seinem Sichtfeld. Er wollte wohl nur sicherstellen, dass es Jens gut ging und er sich nicht erschrocken hatte. Dann spürte Jens ein leichtes Klicken und der Ring löste sich aus seiner festen Position und der Beamte führte Jens seine Hand etwas herum und drehte sie, so als ob er sich den Ringe rundherum um Jens sein Handgelenk angesehen hatte. Als nächstes spürte Jens wie der Beamte den Ring mit der anderen Hand griff und versuchte ihn zu bewegen. Drehen war nicht möglich, denn das Handgelenk und der Ring waren nicht rund. Bei dem Versuch den Ring auf dem Arm nach oben oder unten zu verschieben, wurde lediglich Jens seine Haut darunter verschoben. Merkwürdigerweise drückte der Ring aber auch nicht besonders Stark und war nicht unangenehm.

Zum guter Letzt führte der Beamte Jens seine Hand wieder an die Stelle wo der Ring angelegt worden war und Jens spürte wieder das Klicken. Im gleichen Moment konnte er seinen Arm nicht mehr bewegen und der Beamte ließ seine Hand wieder los.

„Siehst du Jens, eine Seite haben wir geschafft, ist es zu stramm?“ fragte dann Frau Sölling die hinter Jens stehen geblieben war und alles beobachten konnte.

„Nein es ist OK, nicht so schlimm.“, sagte Jens daraufhin zu Frau Sölling.

Der Beamte rutschte auf die andere Seite und ergriff Jens seine Linke und um hier genau die selbe Prozedur durchzuführen.


* * * * *


Svenja hatte nach der kurzen Diskussion mit den Schäfers versucht den Jungen der ihrem Bruder so ähnlich sah in der Masse wieder zu finden, aber es war vergebens. Die Jugendlichen und Kinder sahen fast alle ähnlich aus, da sich die Kleidung nicht sosehr unterschied. Außerdem wechselten auch ständig die Nummer und die Personen vor den Schaltern und Tresen.

„Komm Svenja, wird sind dran!“ sagte Herr Schäfer und zog wieder kräftiger an der Leine von Svenja um sie geschickt neben sich her zu dirigieren zu einem der Schalter. Es handelte sich um eine Tresen zum Stehen hinter dem ein Beamter stand. Vor dem Tresen gab es eine Stange die sich in ca. 2 Metern Höhe über den Köpfen von Svenja und Herr Schäfer befand. An diese Stange befestigte Herr Schäfer dann die Leine von Svenja ihrem Disziplin-Geschirr und zog sie auch etwas stramm, so das Svenja etwas angespannt stehen musste.

Auf den Schalter stand ein Schild mit dem Namen des Beamten und drei Flaggen dahinter, die daraufhin deuteten, dass der Mann Dänisch, Deutsch und Englisch sprechen konnte.

„Guten Tag, wir sind heute hier um Svenja Ausweisbänder zuteilen zu lassen.“ sagte Herr Schäfer und übergab den Beamten eine ganze Mappe an Unterlagen.

„Ja OK, dann wollen wir mal sehen ob alles da ist.“ sagte der Beamte in sehr gutem Deutsch.

Dann öffnete er die Mappe und Svenja konnte ihren alten Kinderausweis erkennen. Das Bild darin war inzwischen über 4 Jahre alt und sie dachte, dass sie doch inzwischen ganz anders aussehen würde. Aber der Beamte war mit der Gegenüberstellung offensichtlich zufrieden. Dann laas er ein Brief auf dem Svenja nur das Zeichen von ihrem Jugendamt erkennen konnte. Nachdem der Beamte den Brief gelesen hatte, fragte er Herr Schäfer, „Sie sind nicht der leibliche Vater?“

„Nein das bin ich nicht, aber die entsprechende Vollmacht liegt bei.“ erklärte Herr Schäfer.

Der Mann sichtete die weiteren Unterlagen.

„Ok dann brauche ich noch ihren Ausweis.“ sagte der Beamte ohne zu Herr Schäfer zu schauen.

Herr Schäfer legte seinen Ausweis auf den Tresen.

„Gut, die Daten sind auch übermittelt worden und ich sehe im Computer, dass die Bänder schon gefertigt sind. Dann haben wir alles.“ sagte der Beamte und schaute sich den Ausweis von Herr Schäfer noch oberflächlich an.

„Sie können noch einen Moment warten, sie werden dann wieder aufgerufen wenn alles bereit ist für das Anlegen der Bänder Herr Schäfer. Die Unterlagen bekommen sie dann an der letzten Station zurück.“ sagte der Beamte ohne Svenja noch eines Blickes zu würdigen.

Herr Schäfer war gerade damit beschäftigt die Leine von Svenja wieder von der Stange zu lösen, als seine Frau vom benachbarten Schalter auf ihn zu kam. „Schatz, ich brauch deinen Ausweis weil wir Beide als Sorgeberechtigte eingetragen sind.“ sagte Frau Schäfer zu ihrem Mann.

„Ja ich komme zu euch rüber, den habe ich gerade mit abgegeben.“, sagte Herr Schäfer und löste die Leine weiter. Danach ging er zusammen mit Svenja zum benachbarten Schalter wo auch Charlotte an der Stange festgebunden war. Herr Schäfer erklärte dem Beamten, dass sein Ausweis gerade für den Vorgang bei Svenja im Umlauf war. Der Beamte dort sagte, dass dies kein Problem sei, er wurde einen Vermerk auf die Vorgangsnummer von Svenja machen, dann würden die beiden Vorgänge gemeinsam durchgeführt werden.

Kurze Zeit später waren dann auch Charlotte und Frau Schäfer an der ersten Station fertig und alle vier gingen gemeinsam wieder an die Stelle wo sie auch zuvor schon gewartet hatten.

Svenja hatte bei alldem was hier geschah und gesagt wurde, immer mehr Fragen und beschoss jetzt doch das „gelernte“ anzuwenden. Sie wollte wissen worum es hier eigentlich ging.

„Darf ich jetzt was fragen, Frau Schäfer. Bitte!“ fragte Svenja schon fast überbieten höflich. Wovon Frau Schäfer auch sichtlich beeindruckt und glücklich war.

„Ja selbstverständlich Svenja, wir haben jetzt Zeit bis zum nächsten Aufruf. Was möchtest du denn wissen?“

„Was hat es mit diesen Ausweisen auf sich und warum hat der Beamte von einem Band gesprochen? Ein Ausweis ist doch aus Papier oder Plastik.“ sagte Svenja.

„Oh Svenja, das ist aber ein komplexes Thema, ich versuche die für dich wichtigsten Dinge zusammen zu fassen. … Wir haben ja ihm Auto schon erwähnt, dass die Ausweise in Deutschland erst am Ende der Ferien verfügbar sind. Hier gibt es die aber schon seit einigen Monaten. Diese Ausweis ist speziell für Kinder die über ihr 18 Lebensjahr hinaus minderjährig sein werden konzipiert worden, zusammen mit den dazugehörigen EU Gesetz. Kannst du mir folgen Svenja?“ fragte Frau Schäfer zwischendurch um sicherzustellen, dass Svenja alles verstand. Svenja nickte daraufhin zustimmend.

„OK, die Besonderheit an diesen Ausweis ist, dass die besondere Fürsorge und Bedürfnisse von euch berücksichtigt wurden. So verfügt der Ausweis über einige elektronische Systeme, wie eine Datenübertragung Funktion zur berührungslosen Kontrolle. Und auch eine System zur Ortung, um nur zwei zu nennen. Aber damit das alles einen Sinn hat, muss der Ausweis permanent am Körper getragen werden.“ erläuterte Frau Schäfer.

„Das bedeutet, wenn ich aus dem Haus gehen muss ich den Ausweis am Körper tragen, damit sie oder wer auch immer genau weiß wo ich bin?“ fragte Svenja, entsetzt von der Vorstellung nie wieder Schule schwänzen zu können.

„Svenja, du hast schon ganz gut zugehört, aber nicht gut genug. Ich sagte permanent, nicht nur wenn du das Haus verlässt.“ sagte Frau Schäfer.

„Wollen Sie sagen, dass ich das Ding nicht abnehmen kann? Wo und wie soll das denn festgemacht werden?“

„Svenja du bist schon eine schlaue Dame und kannst die richtigen Fragen stellen.“ sagte Frau Schäfer.

„Ja nicht nur kannst du es nicht abnehmen, auch wir oder deine Eltern können es nicht, es kann nur von einer Amtlichen Stelle entfernt und erneuert werden. Der Ausweis besteht aus zwei Teilen, je einem Ring um die Handgelenke. Zu diesem Zweck sind deine Handgelenke ultragenau vermessen worden und hier wurden jetzt die zwei Ringe angefertigt, exklusiv für dich und natürlich auch für Charlotte.“

Svenja war schockiert und konnte es nicht fassen: sie sollte Armreifen bekommen die sie nicht selbst lösen konnte. Gegen Schmuckreifen hatte sie nicht auszusetzen, die hat sie gerne getragen. Aber diese würden wohl deutlich enger sein und bestimmt nicht modisch aussehen. Oder noch schlimmer, klobig und schwer sein.

„Wie schwer sind die Teile denn und aus war für Material bestehen sie?“ fragte Svenja daher.

„Ja, du willst es aber genau wissen, es dauert aber nicht mehr lange, dann kannst du dir ein eigenes Bild machen. Du bekommst deine ja gleich. Also das genaue Material kenne ich auch nicht, aber es wird wohl Metall und Kunststoff dabei sein. Die Bänder sollen nicht nur als Träger der Elektronik dienen, es sind auch sehr stabile Fixierungspunkte.“ sagte Frau Schäfer.

Svenja bekam den Mund nicht mehr zu, die Bezeichnung Ausweis war hier ihrer Meinung nach vollkommen falsch, es musste sich wohl mehr um ein Instrument zur Kontrolle handeln. Bei dem Gedanken waren ihr auch die Fragen ausgegangen.

„Wir sind wieder an der Reihe, schaut mal: eure Nummern sind zeitgleich aufgerufen worden.“ sagte Herr Schäfer plötzlich und deutete auf die Anzeigen mit den entsprechenden Nummern. So wurden Svenja und Charlotte zusammen zu den Plätzen mit den Hockern geführt. Vor dem Hocker löste Herr Schäfer dann die Arme von Svenja aus den Manschetten hinten an ihrem Disziplin-Geschirr. Der Beamte der hinter dem Tisch saß konnte glücklicherweise Deutsch, wenn auch mit einem Starken Akzent. Er wies Svenja an ihre Arme durch die Löcher der seitlichen Wände zu stecken und sich dabei auf den Hocker zu setzen.

Svenja hatte ein komisches Gefühl bei der Sache. Es sollte wohl alles dafür getan werden, dass sie keine Chance haben würde sich dem Anlegen der Bänder zu widersetzen. Sie schaute sich nochmal kurz um und prüfte ihre Situation, aber dicht hinter ihr stand Herr Schäfer mit der Leine ihres Disziplin-Geschirrs in der Hand. Rechts und links waren die stabilen Holzwände und vor ihr Stand der Hocker und der Tisch. So musste sie einsehen, widerstand war zwecklos. Sie würde diese Dinger auf jeden Fall bekommen.

So machte sie noch einen tiefen Seufzer und steckte ihre Arme in die Löcher und der Beamte regulierte die Höhe des Hockers und schob die Wände ganz dicht an Svenjas Körper.

„Keine Angst mein Kind, es tut nicht weh und ist auch nicht schlimm. Aber so ist es einfacher für uns Beide, außerdem darfst du nicht sehen wie das System verschlossen wird.“ sagte der Beamte und begann die Unterlagen zu studieren. Svenja fuchtelte dabei wild mit ihren Armen und versuchte etwas zu ertasten hinter den Wänden. Aber sie konnte nichts erreichen, offensichtlich war alles dahinter außerhalb ihrer Reichweite. Aber sie genoss es ihre Arme nach der langen Zeit wieder frei bewegen zu können. Der Beamte schaute auch kurz neben Svenja hinter eine der Wände, aber kommentierte Svenjas Bewegungen nicht.

Nach Kontrolle der Unterlagen kündigte der Beamte Svenja an, dass er jetzt mit der Montage beginnen würde und verschwand aus ihrem Sichtfeld, um sanft ihre Hand zu greifen und zu der Prozedur zu führen.

Nachdem der Beamte auf beiden Seiten fertig war, waren Svenjas Handgelenke fest fixiert und sie war darüber erstaunt wie wenig die Ringe drückten und wie fest ihre Arme dadurch gehalten wurden. Glücklicherweise waren die Ringe bislang deutlich weniger unangenehm als sich Svenja das vorgestellt hatte nach den Ausführungen von Frau Schäfer. Svenja musst noch einige Minuten so sitzen bleiben, bis der Beamte alles abgestempelt hatte und die Unterlagen wieder zusammen in die Akte gelegt hatte. Dann nahm er kurz Blickkontakt mir Herr Schäfer auf und schob danach die Wände auseinander. So konnte Svenja wieder aufstehen und die Arme aus dem Löchern ziehen. Sie wollte sich dabei natürlich sofort die Teile an ihren Armen ansehen, aber Herr Schäfer griff von hinten sofort nach beiden Armen, als die das Loch verlassen hatten und zog sie wieder hinter den Rücken von Svenja ohne das diese etwas von den Ringen erkennen konnte.

„Oh bitte nur mal kurz gucken Herr Schäfer.“ bettelte Svenja.

„Nein Svenja, das geht jetzt nicht. Wir können den Betrieb nicht aufhalten, du kannst gleich im Auto gucken.“ sagte Herr Schäfer und führte Svenjas Hände soweit hinter den Rücken dass sich die beiden Ringe berührten. Worauf Svenja ein ähnliche Erschütterung in den Ringen spürte, wie beim Befestigen hinter den Wänden. Daraufhin ließ Herr Schäfer die Arme los und nahm die Leine in die Hand. Svenja spürte wie die Ringe ihre Arme auf dem Rücken zusammen hielten, das war viel unangenehmen und enger als die Fixierung an dem Disziplin-Geschirr.

„Oh nein, muss das wirklich sein Herr Schäfer? Da ist unbequem.“ jammerte Svenja sofort wieder los.

„Svenja du bist aber auch echt sehr sensibel. Wir sollten dich Sensibelchen nennen.“ sagte Herr Schäfer und grinste Svenja freudig an, während sie gemeinsam zurück zu ihrem Wartepunkt gingen. Svenja schmolle daraufhin wieder.

„Nun stell dich mal nicht so an, es ist nur bis wir wieder im Auto sind. Wir müssen dann erst die Manschetten an deinem Disziplin-Geschirr gegen die neuen Halterungen für die Ausweisringe wechseln, dann können wir dich wieder anders sichern. Solange musst du das jetzt aushalten.“ erklärte Herr Schäfer und auch Frau Schäfer und Charlotte kamen auf die gleiche Weise zurück. Auch bei Charlotte befanden sich die Arme auf dem Rücken und die Leinen waren vorne einfach zusammen gebunden.

Die Wartezeit auf die dritte Station war nicht besonders lang und es wurden wieder beide Nummer gemeinsam aufgerufen. Aber dieses Mal blinkten an einem Schalter beide Nummern im Wechsel. So gingen dann alle Vier gemeinsam zu diesem Schalter. Der Beamte wies beide Mädchen an sich nebeneinander direkt an den Tresen zu stellen, dort waren vor ihnen zwei Erhöhungen fest auf dem Tresen montiert aus denen eine Art Mechanismus herausschaute.

Dann hatte der Beamte dort etwas in seinem Computer eingegeben und wie von Geisterhand lösten sich die beiden Ringe von Svenja und sie konnte ihre Arme wieder nach vorne nehmen. Sie wollte sich sogleich die Ringen anschauen, aber der Beamte griff sofort nach ihren Händen und führte die Ringe über die Erhöhung an dem Tresen. Dort rasteten auch sogleich beide Ringe ein.

Svenja konnte sich somit nicht mehr von ihrem Platz weg bewegen und auch die Ringe nicht aus allernächster Nähe betrachten, aber zumindest konnte sie die Ringe jetzt mal sehen.

Die Farbe war blau, wahrscheinlich lackiert. Die Breite schätzte Svenja auf ca. 2,5cm, was sie schon sehr breit fand. Die umlaufende Dicke war wohl etwas mehr als ein 1cm, aber da die Kanten stark abgerundet waren sah das Ganze nicht allzu klobig aus. Bei dem Teil, den sie so fixiert sehen konnte, war die Kante auch nicht überall gleich abgerundet. Alles in allem sah es nicht so schlimm aus wie Svenja sich das vorgestellt hatte.

Auch Charlottes Hände lagen jetzt schön gleichmäßig nebeneinander auf dem Tresen und der Beamte setzte sich wieder an seinen Computer. Den Anwesenden wurde erklärt, dass die Daten jetzt von der Meldestelle aus Deutschland auf die Ringe übertragen wurden und damit die Ringe als gültiger Ausweis dienen konnten. Danach wurden noch einige Zusatzfunktionen aktiviert und eingerichtet. Dabei mussten auch Herr und Frau Schäfer ihre Mobiltelefone zur Hand nehmen und ein paar Einstellungen bestätigen. Zum Schluss wurden noch die beiden Kinderausweise von Svenja und Charlotte entwertet und die Schäfers hatten ihre Ausweise zurück bekommen.

Jetzt konnte Herr Schäfer bei Svenja die Fixierung vom Tresen mit seinem Mobiltelefon auslösen. Als dann Svenja die Hände wieder frei hatte, forderte Herr Schäfer sie auf diese sofort wieder hinter den Rücken zu nehmen.

„Kannst du bitte selbst versuchen die beiden Ringe zusammen zu fügen Svenja?“ fragte dann Herr Schäfer und steckte sein Telefon wieder in die Taschen.

„Wie bitte, Sie wollen das ich mich selbst fesseln soll. Das ist jetzt aber echt schräg.“ sagte Svenja und hielt ihre Hände weiter nach hinten.

„Svenja, fixieren oder sichern!“ sagte Frau Schäfer und schaute sie böse an.

„Du wird das schon lernen in den nächsten Tagen keine Sorgen. Aber versuch es doch mal bitte.“ sagte Herr Schäfer dann.

„Oh mann, das kann ja noch interessant werden.“ sagte Svenja und versuchte ihre Hände hinter dem Rücken zusammenzuführen, was ihr auch gelang. Aber die Ringe in die richtige Position zu bekommen, die sie ja nicht mal kannte, war dann doch zu schwierig. So verrenkte sie sich einen Moment lang bis sie vor Anstrengung anfing zu schnaufen, denn es war nicht gerade einfach die Arme selbstständig auf den Rücken zu drücken. Herr Schäfer hatte dann ein Einsehen und brachte die Ringe in die richtige Position.

„Jetzt musst du nur deine Gelenke aneinander drücken.“ sagte Herr Schäfer und kurz darauf klickte es in den Ringen und Svenja war wieder „sicher“ für den Rückweg zum Auto.

Charlotte hatte es auch selbst versuchen sollen und brauchte auch etwas länger, aber hat es dann selbstständig geschafft. Wodurch sie einen gewissen Triumph Svenja gegenüber ausstrahlte.

„Ich bin stolz auf dich, Streberin! Du hast dich erfolgreich selbst gef… äh fixiert. Ich gratuliere recht herzlich!“ sagte Svenja zu Charlotte mit so einem ausreichent sarkastischen Unterton, dass selbst Charlotte verstanden hatte, wie Svenja es meinte.

Frau Schäfer schaute mahnend zu Svenja die beinahe wieder „gefesselt“ gesagt hätte, aber da Svenja rechtzeitig die Kurve bekommen hatte ließ sie es bei einem ermahnenden Blicken.

Am Auto angekommen wurden die Unterlagen und zwei Kartons, die ihnen ausgehändigt worden waren, in dem Kofferraum verstaut und Svenja und Charlotte wurden das Geschirr bzw. die Leine abgenommen. Erst kurz vor dem Einsteigen in den Sitz wurden die Ringe mit einem Befehlt vom Smartphone von Herr Schäfer gelöst.

Als an dem Sitz bei Svenja alle Gurte nach den Wünschen von Frau Schäfer strammgezogen waren, zeigte die Anzeige des Sitzes wieder an, dass Svenja für die Weiterfahrt gesichert war. Jetzt konnte sie endlich die beiden Fremdkörper an ihren Armen in Augenschein nehmen und auch anfassen.

Das Material fühlte sich nicht kalt an, es schien aber auch kein Kunststoff zu sein. Es fühlte sich hochwertig an. Das fast schon warme der Oberfläche, konnte natürlich auch von Svenjas eigener Körperwärme kommen, dann musste das Material eine Art Metall sein. Es gab keine erkennbaren Trennstellen oder Öffnungen. Insgesamt waren fast alle Flächen rund, mit vier ausnahmen. Dort war je eine ebene Fläche von ca. ein mal ein Zentimeter. Auf diesen waren auch kleine Stellen zu sehen wo sich sehr feine Linien abzeichneten. Sonst war die Oberfläche nicht unterbrochen. Svenja konnte auch nicht erkennen wie die Ringe aus zwei Hälften bestanden hatten, es war keine Trennstelle zu erkennen. Nach einem Moment der Betrachtung waren Svenja dann aber sehr feine Gravuren aufgefallen an einer Stelle, die sie nur sehen konnte, wenn sie ihren Arm sehr weit verdrehte. Dort konnte sie dann ihren Namen, ihr Geburtsdatum, eine lange Nummer und eine Adresse in ihrer Heimatstadt lesen. Das komische an der Adresse war nur, dass sie diese nicht kannte. Es war nicht ihr Zuhause oder andere Verwandt. Svenja dachte auch an die Schule oder das Jugendamt, aber nichts passte. Sie wusste auch nicht wo es war, sie hatte den Straßennamen noch nie gesehen.

Dann betrachtete Svenja die Ringe wieder mit etwas Abstand, und beurteilte den Gesamteindruck. Die Farbe ging in Ordnung für Svenja und die Form sah irgendwie auch modern und kunstvoll aus. Aber dass sie es jetzt für immer tragen sollte? Dann schaute sie zu Charlotte, auch sie war genauso wie Svenja damit beschäftigt ihre neuen „Schmuck“ zu begutachten. Aus der Entfernung konnte Svenja auch keine Unterschied ausmachen.

Dann viel ihr plötzlich ein, dass es ja überhaupt kein Bedienelement gab und vor allem: wie hielten die Dinger so fest zusammen? Es gab ja überhaupt keine Haken oder einen Mechanismus der ein Zusammenfügen möglich machte. Svenja überlegte und erinnerte sich auch an den Tresen bei der Einrichtung der Ausweisfunktion. Da gab es so einer Erhöhung wo der Beamte ihre Ringe drauf gehalten hatte, als sie dann einrasteten. Auf der Erhöhung gab es ein paar Miniaturzähnchen die eine Art Mechanismus hätten sein können.

Svenja betrachtete eine der ebenen Flächen erneut und dachte, dass die feinen Linien Öffnungen verbergen könnten. Jetzt war ihr kindlicher Forschergeist geweckt worden, auch wenn sie es so nicht bezeichnen würde. Dennoch führte sie eine der Flächen am linken Ring über eine andere am rechten Ring. Um sich dabei nicht verrenken zu müssen, lag die Fläche von rechten Ring auf der Unterseite und des linke auf der Oberseite. Als die beiden Flächen fast deckungsgleich übereinander lagen spürte Svenja wie sich die beiden Flächen plötzlich anzogen. Sofort drauf spürte Svenja die schon bekannte Erschütterung in den Ringen und sie konnte sie nicht mehr voneinander lösen. Svenja war davon etwas erschrocken, aber auf der anderen Seite hatte sie es ja auch erwartet. Aber nicht an die Konsequenzen gedacht.

Durch den Schreck zuckte Svenja etwas und versuchte danach ihre übereinander liegende Arme wieder zu trennen. Was aber aussichtslos war. Von den heftigen Bewegungen von Svenja wurde Charlotte auf sie aufmerksam und schaute interessiert zu Svenja. Nach wenigen Augenblicken hatte sie erkannt was geschehen war und bekam ein breites Grinsen.

„Jetzt bin ich aber stolz auf dich Svenja, du hast es ja sogar ohne Aufforderung geschafft deine Arme zu sichern! Selber Streberin!“ sagte Charlotte zu Svenja.

Herr Schäfer war etwas verwirrt und hatte nicht so ganz mitbekommen was geschehen war und schaute fragend in den Rückspiegel zu Svenja, die ein beleidigtes Gesicht machte aber noch zu Charlotte schaute. Dann hielt Frau Schäfer ihr Smartphone zu ihrem Mann zum lesen hin, und er konnte eine Meldung sehen, dass Svenja ihre Fixierung ausgelöst hatte. Es wurde sogar angezeigt in welcher Position sich ihre Hände bzw. Arme befanden. Dann musste auch Herr Schäfer lächeln.

„Svenja ich möchte dir gratulieren, du hast die wichtigste Funktion von ganz alleine gefunden. Ihr könnt euch damit immer auf Anweisung oder nach auferlegten Regeln immer selbst sicher oder beruhigen. War es einfach?“ fragte Herr Schäfer der das Auto inzwischen wieder bis auf die Autobahn geleckt hatte.

Svenja schmollte etwas, so hatte sie sich ihr Experiment nicht vorgestellt. Sollte sie fragen ob es wieder gelöst werden konnte? Sehr unangenehm war die Position nicht, zumindest viel besser als die Arme parallel auf dem Rücken gehalten wurden. Auf jeden Fall würde sie vorsichtiger werden müssen mit den blöden Dingern, dachte Svenja.

„Ich ziehe es vor weiter zu malen!“ sagte Charlotte gespielt spöttisch und nahm die notwendigen Dinge aus der Ablage und begann zu malen.

Svenja bemitleidete sich eine Moment lang selbst und dachte über die Ringe nach. Sie sollte sie jetzt für immer tragen, aber was bedeutete immer und wie würde man sie wieder entfernen können? Sie könnte ja noch wachsen mit 16 Jahren?

„Frau Schäfer wie kann ich denn jetzt meiner Arme wieder befreien? Es ist ja nur ausversehen geschehen!“ fragte Svenja als es ihr zu langweilig wurde.

„Ich weiß nicht Svenja, es ist ja eigentlich ganz angemessen so wie du dich gesichert hast. Dann ist zumindest Charlotte von Angriffen von dir geschützt.“ sagte Frau Schäfer und lächelte zu ihrem Mann, was Svenja nicht sehen konnte, weil sie hinter ihr saß.

Svenja spürte dabei wieder wie sehr sie die Kontrolle verloren hatte. Sie war total auf die Schäfers angewiesen und dies wurde durch die Ringe noch ein weiteres Stück deutlicher. Sie musste also dringend daran arbeiten bei den Schäfers einen besseren Eindruck zu hinterlassen. Dies wurde ihr auf dieser Fahrt immer klarer.

„Ja, aber das ist doch vorbei. Und wir haben uns auch versöhnt!“ sagte Svenja um auf die Anmerkung von Frau Schäfer zu antworten. Dabei schaute sie zu Charlotte und nickte um von ihr eine Zustimmung zu erhalten.

„Was haben wir? Wie kommst du den darauf?“ fragte Charlotte empört.

Svenja dachte was für ein Miststück, könnte sie mir nicht helfen. Wie hatten doch den selben Feind. So sah es zumindest Svenja. Sie musste also auch an ihrem Verhältnis zu Charlotte dringend arbeiten.

„Naja wir haben uns doch bei der Rast ausgesprochen!“ sagte Svenja dann zu Charlotte.

„Wir haben uns unterhalten, und ich habe dir ein paar Fragen beantwortet. Aber ich sehe da einen Unterschied zu einer Versöhnung.“ sagte Charlotte.

Svenja steckte in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite wäre sie schon gerne die Zwangslage ihrer Arme wieder los, aber auf der anderen Seite würde sich eine Entschuldigung jetzt komisch für Svenja anfühlen und zu viel von ihrem Stolz kosten.

„Aber ich bin … ähh ich mein wir sind doch für die Sache mit dem Bild bestraft worden. Bitte können Sie es wieder lösen?“ versuchte es Svenja daher noch einmal bei Frau Schäfer.

„Also Svenja, eines möchte ich dir gleich mal sagen. Weder du noch Charlotte werden bestraft. Bei einem unangebrachten Verhalten gibt es eine Konsequenz die sich daraus ergibt. In diesem Fall habt ihr Beide einen Konflikt versucht mit Gewalt zu lösen. Dies führte zu der Konsequenz, dass wir weitere Gewalt unterbinden mussten.“ sagte Frau Schäfer und machte ein kleine Pause in der Svenja nachdenken konnte.

„Und da passt doch die Fixierung jetzt auch ganz gut dazu. Oder meinst du nicht, Svenja?“ fragte Frau Schäfer.

Svenja wurde langsam verzweifelt, wieso kam sie hier überhaupt nicht weiter? Das war eine neue Erfahrung für sie. Bisher konnte sie mit Reden zumindest etwas erreichen.

Sie gab auf und ergab sich in ihr Schicksal und schaute wieder aus dem Fenster. Bis sich plötzlich, nach ca. 30 Minuten die beiden Ringe wieder lösten. Von der plötzlichen Veränderung überrascht fragte sie Frau Schäfer, „Waren Sie das oder haben sich die Ringe automatisch wieder gelöst?“

„Ja Svenja das war ich, ich hoffe du konntest etwas Demut lernen!“ antwortete Frau Schäfer.

„Vielen Dank Frau Schäfer, ich denke ich habe etwas gelernt.“ sagte Svenja und dachte die Lösung war also, warten und nicht auffallen. Das brachte sie auf einen Gedanken.

„Hätte es den auch eine Zeit gegeben, nach der die Ringe automatisch gelöst worden wären? Es könnte ja mal sein, dass Sie es nicht mitbekommen, dass ich die Bänder versehentlich zusammen geführt habe.“ fragte Svenja

„Ja in der Tat, diese Zeit gibt es, aber die ist viel länger. Du solltest also nicht darauf hoffen. Außerdem werden wir dich immer im Blick und unter Kontrolle haben, da mach dir mal keine Sorgen drüber.“ antwortete Frau Schäfer.


Svenja war wieder in Redelaune gekommen und hatte noch Fragen zu den Ringen.

„Wie lange werde ich die Ringe den tragen müssen und wie werden sie wieder entfernt?“

„Naja das Passbild ist elektronisch gespeichert und kann erneuert werden. Auch alle anderen Daten können aktualisiert werden. Insofern spricht nichts dagegen das die Ringe an deinen Händen bleiben.“ sagte Frau Schäfer.

„Aber wenn ich noch wachse, muss es doch eine Möglichkeit geben. Außerdem bekomme ich doch einen Personalausweis wenn ich volljährig bin, oder?“ fragte Svenja nachdenklich.

„Also ob und wann du volljährig wirst, entscheiden deine Eltern. Dass kann also noch dauern. Bis dahin wird ja vielleicht der Personalausweis auch auf den Ringen gespeichert.“ sagte Frau Schäfer.

„Wollen sie mir sagen, die Ringen können nie wieder entfernt werden?“ fragte Svenja erschrocken.

„Nein, ich kann dich beruhigen. Eine amtliche Stelle kann sie entfernen und solltest du noch wachsen, können auch Neue angefertigt werden. Auch wenn es zu einem Unfall kommen sollte ist für deine Sicherheit gesorgt, du solltest dir weniger Sorgen darüber machen.“ erklärte Frau Schäfer.


Svenja hatte endlich angefangen mit den Schäfers zu reden, auch wenn sie noch nichts über sich selbst preis gab, so war doch das Eis gebrochen. Aus Sicht der Schäfers war es ein erster Erfolg. Svenja selbst fühlte sich wohler, als es ein Thema gab über das sie reden konnte. Auch wenn die Ringe eine Sache waren, die sie überrascht hatte und auch etwas beunruhigte. Die ganze Unterhaltung zu den Ringern lies zum einen die Zeit schneller vergehen und die Tatsache, dass Svenja in ihren Kindersitz festgezurrt war trat etwas in den Hintergrund.


Herr Schäfer lenkte das Auto endlich von der Autobahn und die Landschaft wurde etwas interessanter. Das Land war sehr flach und es gab nur leichte Hügel in den Feldern. Hin und wieder kamen sie durch ein kleines Dorf. Die Häuser waren alt aber sehr gepflegt und sauber. Die Vorgärten waren klein und gerade.

Nach etwa einer dreiviertel Stunde erreichten sie einen etwas größeren Ort wo es auch mehrere Geschäfte gab. Bein einem diese Geschäfte hatte Herr Schäfer das Auto auf den Parkplatz gefahren.

„Sind wir endlich da?“ fragte Svenja erleichtert in der Erwartung endlich aus wieder aus den Sitz heraus zu kommen.

„Svenja, sei nicht so ungeduldig, einen kleinen Moment wird es noch dauern.“ sagte Frau Schäfer und stieg zusammen mit ihrem Mann aus dem Auto aus und kurz darauf war die Zentralverriegelung des Autos zu hören.

„Wie oft warst du mit deinen Eltern schon hier zum Urlaub?“ fragte Svenja dann Charlotte.

„Hmm, .. muss ich mal überlegen. … So 5 oder 6 Mal vielleicht. Wieso wie kommst du darauf.“

„Naja, du scheint hier ja schon einiges zu kennen. Wie weit ist es denn jetzt noch wirklich?“ fragte Svenja.

„Naja hier hohlen meine Eltern jetzt den Schlüssel zu unserem Haus und dann fahren wir noch so eine halbe Stunde zum Strand. Da sind dann die Ferienhäuser in den Dünen.“ sagte Charlotte.

„Ahha und wie ist das da so? Können wir da an den Strand gehen?“ fragte Svenja langsam neugierig werdend auf ihren Urlaubsort.

„Naja, das ist so ein Sache. Ja, wir können natürlich zum Strand gehen, aber nicht ohne meine Eltern.“ erklärte Charlotte.

„Ach so, ja wegen der Sicherheit, ist schon klar.“ sagte Svenja mit ironischem Unterton.

„Sag mal, wie lange machen deine Eltern das denn schon bei dir?“ fragte Svenja dann nach.

„Was meinst du mit ‚das‘?“ entgegnete Charlotte.

„Na dass mit den Kindersitz z.B., mit den doofen Klamotten oder mit der Leine.

„Ach so, das ist für mich schon ganz normal, ich kenne es kaum anders. Angefangen hat das als ich 10 war. Da sind wir das erste Mal hier her gefahren. Und bei vielen anderen Kindern hier war es üblich, dass sie an Leinen geführt wurden und Kleidung anhatten die sie nicht ausziehen konnten.“ begann Charlotte zu erklären.

„Zu der Zeit hatte ich ja sowieso noch einen Kindersitz, aber nach dem Urlaub habe ich dann einen bekommen aus dem ich nicht selbst heraus kam und mit mehr Gurten. Nach weiteren Urlauben haben meine Eltern dann auch zuhause immer stärker dafür gesorgt, dass ich so wie hier im Urlaub behandelt wurde. Zu Beginn war das echt doof und unangenehm.“ sagte Charlotte weiter.

„Das heißt, hier ist es üblich für die Kinder und Jugendliche?“ fragte Svenja nach.

„Ja ich glaube schon. Seit wir im Urlaub hier her fahren, sehe ich hier alle anderen auch mit Latzhosen, Gurtgeschirren und Leinen. Das ist hier wohl so üblich und meine Eltern fanden das damals so toll, dass sie es für mich generell eingeführt haben.“ antwortete Charlotte.

Plötzlich war wieder die Zentralverriegelung zu hören und Svenja konnte sehen, dass die Schäfers zurück zum Auto kamen.

„Kinder, ihr müsst doch mal kurz mit reinkommen, in das Büro. Es müssen noch Daten auf eure Armbänder übertragen werden.“ sagte Frau Schäfer nachdem sie die Tür bei Svenja geöffnet hatte.

Auf der anderen Seite hatte Herr Schäfer die Tür bei Charlotte geöffnet. Als Beide aus ihren Sitzen befreit waren durften sie aussteigen. Vor dem Auto wurde ihnen dann beiden je eine kurze Leine im Rücken der Latzhose befestigt.

„Svenja, es sind nur wenige Meter bis in das Büro, ich hoffe ich kann auf eine Sicherung deiner Arme verzichten und du bist artig!“ sagte Frau Schäfer mit ernstem Gesichtsausdruck zu Svenja.

Svenja dachte nur, was sollte sie „unartiges“ anstellen können wenn sie an der Leine gehalten wurde.

Dann ging es in das Büro der Ferienhausvermietung. Dort angekommen gab es einen Tresen, auf dem eine ähnliche Erhöhung mit den Kontaktstellen wie in der Einwanderungsbehörde zu sehen war. Charlotte wurde von der Mitarbeiterin, die gutes Deutsch sprach, freundlich gebeten ihre Ausweisbänder darauf zu platzieren und einrasten zu lassen. Charlotte kam der Aufforderung ohne zu zögern nach.

Dann hatte die Mitarbeiterin begonnen am Computer etwas einzustellen und einzugeben.

Svenja stand in kurzer Entfernung daneben und schaute sich um. Auf dem Tresen lagen Kataloge und Prospekte. Nach kurzer Zeit langweilte sie sich und wollte nach einem der Prospekte greifen, als sie plötzlich eine heftigen Ruck an ihrer Halteleine spürte.

„Svenja, ich dachte du wolltest brav sein? Los, sofort die Hände hinter den Rücken.“ sagte Frau Schäfer nachdem sie an der Leine gezogen hatte.

Svenja schaute Frau Schäfer erschrocken an und wusste nicht was sie falsch gemacht hatte. Die Kataloge waren doch zum Anschauen da.

Da Svenja der Aufforderung nicht sofort nach gekommen war, hat Frau Schäfer dann nach einer Hand von Svenja gegriffen und führte sie hinter den Rücken von Svenja.

„Frau Schäfer, sie können Svenja aber auch gerne dort drüben an einer der Wartepositionen sichern. „ sagte dann die Mitarbeiterin und deutete auf ein Metallgestell, welches auf dem Boden verankert war und an verschiedenen Stellen diese schon bekannten Kontaktpunkte für die neuen Ausweisbänder waren.

„Vielen Dank, das hatte ich gar nicht gesehen, dass ist eine zuvorkommende Service.“ sagte Frau Schäfer und zog Svenja an ihrem Arm in die Richtung des Gestells. Dort führte sie Svenjas linke Hand direkt auf einen der Kontaktpunkte und ließ das Armband einrasten.

„So und deine andere Hand daneben aber bitte sofort.“ sagte Frau Schäfer zu Svenja.

Svenja wusste gar nicht wie ihr geschah und so legte sie auch die rechte Hand langsam neben die Linke und ließ auch den zweiten Ring einrasten. Jetzt stand sie mit leicht ausgestreckten Armen an dem Metallgestell und konnte sich nicht mehr vom Fleck bewegen.

Nach ein paar Augenblicken der Besinnung versuchte Svenja dann nachzufragen, „Aber was habe ich den gemacht? Ich wollte doch nur ...“.

„Jetzt nicht Svenja, das haben wir dir doch schon erklärt. Du wartest jetzt da bis Charlotte fertig ist und dann bist du an der Reihe. Solange ist Sendepause und du bist dort gut und sicher aufgehoben.“ wurde Svenja von Frau Schäfer unterbrochen.

Svenja fühlte sich wie ein kleines Mädchen was gerade etwas falsch gemacht hatte und von der Lehrerin zurecht gewiesen wurde. Das fühlte sich unfair und gemein an. Aber Svenja hatte in den letzten Stunden gelernt, dass es nichts gebracht hätte in diesem Moment weiter zu streiten. So ergab sie sich ihrem Schicksal und wartete in der Position bis sie an der Reihe war.

Nach weniger als 5 Minuten war Charlotte auch schon fertig und ihre Ausweisringe wurden wieder von dem Tresen gelöst. Sie sollte dann einen Schritt zur Seite gehen um Platz für Svenja zu machen. Daraufhin hatten sich dann auch die Ringe von Svenja wieder gelöst und sie wurde von der Mitarbeiterin gebeten an den Tresen zu kommen und ihre Ringe auf dem Tresen einrasten zu lassen. Svenja stand in dem Moment frei im Raum und dachte daran wie komisch das Gefühl war sich durch eigenes Handeln an so einem Fixpunkt fest zu setzen ohne selbst eine Einfluss darauf zu haben wie man davon wieder los kommen könnte. Aber es schien so, als sei das hier total üblich und wurde von Kinder und Jugendlichen so erwartet.

Svenja schaute kurz zu Frau Schäfer, aber sie konnte an der Haltung und dem Gesichtsausdruck von Frau Schäfer erkennen, dass sie bereit wäre sofort einzugreifen, wenn Svenja der Aufforderung von der Mitarbeiterin nicht nachkommen würde. So stieß Svenja eine kaum hörbaren Seufzer aus und ging zu dem Tresen und legte ihre Handgelenke wie befohlen auf die Fixpunkte.

„Svenja Schatz, du war noch nicht bei uns. Hmm...“ sagte die Mitarbeiterin mit sanfter Stimme.

Svenja war klar dass von ihr keine Antwort erwartet wurde und so nickte sie nur zustimmend.

„Das ist aber kein Problem, ich freue mich das du hier bist und deinen Urlaub bei uns verbringen möchtest.“ sagte die Frau weiter.

Svenja musste sich sehr beherrschen um der Frau nicht zu erklären, wie sehr sie nicht hier sein wollte.

„Ich werde dir bzw. euch, da es einige Neuerungen gibt, gleich erklären was für euch wichtig ist. Den Rest werdet ihr von ganz alleine lernen. Fragen können euch sicher auch eure Eltern erklären.“ begann die Frau mit ihren Ausführungen. Svenja hatte das Bedürfnis der Mitarbeiterin zu erklären dass die Schäfers nicht ihre Eltern waren. Aber sie beherrschte sich erneut und die Frau sprach auch gleich weiter.

„Auf Grund der neu eingeführten Kontrollgeräte ist es nicht mehr zwingend vorgeschrieben, dass ihr von euren Eltern an der Leine geführt werden müsst. Es gibt die Möglichkeit einen Handlungsradius oder einen vordefinierten Weg vorzugeben, der dann von euren Armbändern überwacht wird. Daher habe ich euch schon einige Profile hochgeladen, die eure Eltern dann nutzen können.“ sagte die Mitarbeiterin weiter.

Svenja konnte jetzt doch nicht mehr an sich halten, die sogenannten Ausweise waren jetzt plötzlich doch Kontrollgeräte und es waren einfach nicht ihre Eltern die sie da überwachen und einschränken sollten.

„Das sind nicht meine Eltern und wofür soll das alles gut sein. Das ist doch idiotisch!“ sagte Svenja voller Empörung und Ärger.

„Svenja, jetzt ist aber genug mit deinem bockigen Verhalten, nimm dich zusammen oder du musst die Konsequenzen wieder ertragen.“ sagte Frau Schäfer scharf und faste Svenja dabei an der Schulter an.

„Svenja, es ist nachvollziehbar, dass das noch alles sehr neu und ungewohnt für dich ist. Es macht es aber nicht einfacher wenn ich jetzt in jeden Satz darauf hinweisen soll, dass Familie Schäfer deine Pflegeeltern sind. Es ist sowieso besser wenn du selbst diesen Unterschied langsam ausblendest. OK?!“ sagte die Mitarbeiterin immer noch mit sanfter und beruhigender Stimme.

Svenja war nicht überzeugt und wollte erneut etwas erwidern, dass es sich um ein Gastfamilie und nicht um Pflegeeltern handelte. Aber Frau Schäfer hatte immer noch ihre Hand auf der Schulter von Svenja liegen und drückte etwas stärker um Svenja zur Ordnung zu rufen.

„Also wie bereits erwähnt habt ihr dieses Jahr die Möglichkeit die Gegend alleine zu erkunden, soweit die Eltern das erlauben. Grundlegend gibt es natürlich weitere Orte die für euch tabu sind, darauf werdet ihr aber durch die Armbänder hingewiesen.“ sagte die Mitarbeiterin und gab zugleich etwas in den Computer ein um auch die Armbänder von Svenja entsprechend einzustellen.

„Nach Sonnenuntergang ist Kinder und Jugendlichen natürlich weiterhin der Aufenthalt im Freien oder der Öffentlichkeit untersagt. …. Immer wenn ein Erwachsener euch dazu auffordert die Ringe auf Kontaktflächen zu legen seit ihr verpflichtet dem nachzukommen. Dies ist eine gesetzliche Bestimmung die zusammen mit den Ausweisringen eingeführt wurde.“ erklärte die Frau weiter.

Danach sprach die Mitarbeiterin alle zusammen an, „Das Haus das Sie dieses Jahr gemietet haben ist schon auf den neuesten Stand ausgerüstet und verfügt über alle notwendigen Einrichtungen und darüber hinaus auch noch einige Komforteinrichtungen um der ganzen Familie gerecht zu werden. Selbstverständlich haben wir dabei besonderen Wert auf die Bedürfnisse von Kinder gelegt.“ sagte die Frau als ob sie diesen Text eingeübt hätte.

Danach wünschte sie der Familie Schäfer noch einen angenehmen und sicheren Aufenthalt und Svenja wurde wieder von den Fixpunkten befreit, worauf Frau Schäfer sofort wieder die Leine in die Hand nahm und Svenja zur Tür führte.

Nachdem Charlotte und Svenja wieder im Auto angeschnallt und gesichert waren ging die Fahrt endlich weiter in Richtung des Ferienhauses.


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